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Futures Thinking in Action: Zukünfte erlebbar machen

Futures Thinking in Action

(Remote) Facilitation in Action, Teil 3

Unser Handeln ist einerseits stark durch Zukunftserwartungen beeinflusst und andererseits von Erlebnissen geprägt. Unsere Annahmen über die Zukunft sind häufig nicht explizit, werden nicht hinterfragt und wirken implizit. Futures Thinking hilft, sich strukturierter mit verschiedenen Zukünften zu beschäftigen und Zukunftserwartungen zu verändern. Es weitet den Blick auf das, was zukünftig anders und möglich werden mag. Es macht deutlich, dass mit der Zeit heutige Grundannahmen veränderbar werden können. Uns ist die Beschäftigung mit Zukunft zu wenig co-kreativ und meist viel zu rational geprägt. Mittels Aktionsmethoden kreieren wir Erlebnisräume für die Begleitung von Transformationsprozessen und in der Facilitation von Strategie- und Organisationsentwicklung. Denn was wir erleben, hält unser Gehirn für echt – egal, ob es Spielerlebnisse oder reale Erfahrungen sind. Indem wir Futures Thinking mit Aktionsmethoden zusammenbringen, versuchen wir einen größeren Hebel auf gesellschaftliches, organisationales und individuelles Handeln zu bekommen. In diesem Artikel möchten wir sieben dieser Kombinationen vorstellen. Mögen sie zu einer breiteren und weniger elitären Arbeit mit Zukunftsvorstellungen einladen und zu Transformationsräumen, die so lebendig, wild, bunt, transformativ und regenerativ sind wie Löwenzahn. Futures Thinking in Action ist der dritte und letzte Teil zu (Remote) Facilitation in Action. Teil 1 und Teil 2 findest du hier.

Futures Thinking: Zukünfte nutzen, um heute bessere Entscheidungen zu treffen

Futures Thinking oder auch Zukunftsforschung beschäftigt sich mit Trieb- und Beharrungskräften in Systemen und versucht zu antizipieren, in welche Form von Zukunft diese münden mögen. Während das Strategic Foresight prognostisch arbeitet und versucht, möglichst exakt, verlässlich und wahrscheinlichkeitsorientiert Zukunft vorherzusagen, sieht die Zukunftsforschung Zukunft als grundsätzlich offen und gestaltbar an. Jede unserer heutigen Entscheidungen prägt zukünftige Entwicklungen. Hier spricht man daher von Zukünften und nutzt Szenarien. Statt Wahrscheinlichkeiten geht es um Plausibilitäten. Statt korrekter Prognostik der Zukunft geht es um Nützlichkeit in der Gegenwart. In unserer Arbeit nutzen wir vor allem die Werkzeuge und Denkansätze der Zukunftsforschung. Ich stelle hier zum besseren Verständnis einige zentrale Konzepte vor, die für die Kombination mit Aktionsmethoden wichtig sind. Wer gleich weiter zu den Aktionsmethoden springen will, kann das hier machen.

Three divides

Das Konzept der Three Divides entstammt der Theory U von Otto Scharmer. Theory U gehört nicht dezidiert in den Kontext Futures Thinking. Statt Antizipation verschiedener Zukünfte geht es um das Erspüren und Wahrnehmen von Systemen und deren entstehende Zukünfte. 

Die ökologische, soziale und spirituell-kulturelle Entkoppelung ist ähnlich wie die vier Ebenen des Zuhörens, das Presencing und das Prototyping eines der Schlüsselkonzepte von Otto Scharmers Theory U. Es ist ein normatives Zukunftskonzept. Die ökologische Entkoppelung bündelt die ökologischen Krisen der Gegenwart (Klimakatastrophe, Artensterben,…). Die soziale Entkoppelung hebt die sozialen Spaltungen hervor. Neben der sich öffnenden Schere zwischen Arm und Reich geht es auch um Marginalisierungen aufgrund von Geschlecht, Sexualität, Hautfarbe oder Herkunft. Die spirituelle Entkoppelung weist auf die zunehmende Zahl mentaler Erkrankungen (Burn-outs, Depressionen oder Traumata) und damit auf das ungenutzte Potenzial von Systemen hin. 

Futures Thinking in Action

Experiential Futures Ladder

Ethonographic Experiential Futures verfolgt einen erlebnisorientierten Ansatz des Futures Thinking. Im EFF werden Objekte und Artefakte entwickelt. Menschen interagieren in alltäglichen oder alltagsähnlichen Situationen mit diesen Objekten und erleben so Zukunft. Stuart Candy hat dazu nicht nur einen Prozess, sondern auch ein Framework entwickelt. Diese Experiential Futures Ladder ist sehr nützlich, um verschiedene Ebenen auseinanderzuhalten und zu benennen. Candy unterscheidet hier vier Ebenen: Das Setting ist das übergeordnete Thema, das Szenario eine konkrete zukünftige Ausgestaltung. Die Situation entspricht in Verbindung mit Aktionsmethoden häufig einer Szene. Stuff, also Artefakte im Sinne von Objekt gewordener Zukunft, können wir nutzen, wenn wir mit Objektrollen arbeiten wollen und um Zukunft plastisch und anfassbar zu machen. Alternativ dazu nutzen wir soziale Rollen, um den Impact auf Akteursebene erfahrbar zu machen.

Szenario-Arbeit

Zukunftsforscher arbeiten häufig mit Szenarien, um uns für verschiedene Zukünfte zu sensibilisieren. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, solche Szenarien zu kreieren, wie z.B. die Impact-Uncertainty-Matrix oder auch die Szenario-Archetypen von Jim Dator (s. unten). Szenarien helfen uns dabei, sowohl unterschiedliche Verläufe als auch verschiedene Varianten von Kontext- und Systemänderungen in Entscheidungen einzubeziehen. Da Zukunft offen ist, dienen Szenarien dazu, verschiedene Zukünfte zu kreieren, um den Möglichkeitsraum zu erweitern, in der Gegenwart andere Diskurse zu führen und bessere Entscheidungen zu treffen. In diesem Artikel nutzen wir Szenarien für positive und negative Verläufe von Projekten als auch der Umfelder. 

Pre-Celebration / Pre-Mortem

Beim Pre-Celebration bzw. Pre-Mortem wird für ein Vorhaben ein Erfolg bzw. Mißerfolg angenommen. Während Szenarien meistens externe und wenig beeinflussbare Zukunftskonstellationen beschreiben, zielen Pre-Celebrations bzw. Pre-Mortems stärker auf Projekte, Initiativen oder Vorhaben, bei denen man als Akteur größere Einflußmöglichkeiten hat. Anders als beim Windtunneling wird die strategische Planung jedoch nicht gegen externe Zukünfte, sondern gegen normative Zukünfte (Erfolg/ Mißerfolg) getestet. Die beiden Tools dienen dazu, schnell Erfolgskriterien und Schwachstellen zu antizipieren und damit die aktuelle strategische Planung zu hinterfragen. Von daher ist es auch nicht direkt ein Tool der Zukunftsforschung. Vielmehr werden zwei Zukünfte für ein pragmatisches Risk-Assessment genutzt. Die Methode wurde von Gary Klein entwickelt. 

Threatcasting

Das Threatcasting hat Ähnlichkeiten mit einem Pre-Mortem. Allerdings geht es nicht um das Scheitern eines Projekts, sondern um das Simulieren einer wie auch immer gearteten externen Bedrohung, die massive Konsequenzen für euer Referenzobjekt hat. Statt des Backcastings der Road to Hell kommt hier die Logik des sogenannten Future Wheels (s. oben) zum Einsatz, um mögliche Konsequenzen und Folgewirkungen zu antizipieren. Eine externe Bedrohung kann z.B. technischer, sozialer, ökonomischer, gesundheitlicher, politischer, ökologischer Natur sein. Als Referenzobjekt kann man es als Bedrohung der Welt, einer Gesellschaft, einer Stadt, einer Community oder einer Organisation durchspielen. Wie immer gilt: je lokaler das Referenzobjekt definiert ist, desto anfassbarer werden auch die Ergebnisse. Ein Beispiel: Als 2010 der isländische Vulkan Eyjafjallajökull ausbrach und über Wochen den internationalen Flugverkehr lahmlegte, war dies bis dato unvorstellbar. Einige Logistikfirmen, die sich jedoch über ein Pandemie-Szenario mit dem Stillstand des globalen Flugverkehrs beschäftigt hatten, hatten sogenannte Contingency-Plans entwickelt und konnten schneller reagieren als andere.

Backcasting

Das Backcasting kommt regelmäßig zum Einsatz, um Szenarien zu plausibilisieren. So nimmt man ein antizipiertes Szenario und fragt nach dem wichtigsten Ereignis davor, das dieses Szenario ermöglichte. Und von dort geht es weiter zum Ereignis davor und davor. Ausgehend von einem zukünftigen Zustand versuchen wir rückwärts arbeitend eine plausible Erklärung für dieses Szenario herzuleiten. Nur wenn solch eine Plausibilisierung gelingt, ist ein Szenario plausibel bzw. erklärbar. Wir nutzen das Backcasting vor allem, um zu verstehen, welche Handlungen, Einschätzungen oder Unterlassungen zu einem Szenario geführt hat. Die Intention ist die Antizipation kritischer Faktoren und ein frühzeitiges Gegensteuern. 

Szenario-Archetypen

Der Zukunftsforscher Jim Dator hat schon Ende der 1970er Jahre vier Grundmuster für Zukunftsentwicklungen beschrieben: Wachstum/ Explosion, Niedergang/Kollaps, Transformation, Balance/Stabilisierung. Diese vier Grundmuster sind eine sehr nützliche Heuristik. Wenn man auf der Suche nach möglichen Szenarien ist, bieten sie Richtungen für die Exploration an. Aber auch innerhalb jedes Szenarios gibt es Themen und Akteure, die massiv an Bedeutung gewinnen oder verlieren, sich grundsätzlich wandeln oder es schaffen, die eigene Position zu behaupten. Die Szenario-Archetypen sind für uns oft ein gutes Raster, um die Konsequenzen zu erkunden, die ein Szenario für das betreffende System mit sich bringt.

Futures Wheel

Im Gegensatz zum Backcasting dient das Futures Wheel dazu Folgewirkungen und Konsequenzen zu antizipieren. Ausgehend von einem Trend oder einem Szenario wird der Impact erster und zweiter Ordnung antizipiert. Nimmt man z.B. als Ausgangspunkt “autofreie Innenstädte” dann gehören zum Impact erster Ordnung vielleicht leerstehende Parkhäuser in Innenstädten, Zunahme des ÖPNV, neue Liefermodelle oder die Belebung der Straßen. In zweiter Ordnung, quasi die Konsequenz der Konsequenzen, mag es zu Umnutzungen von Parkhäusern, zum Ausbau des ÖPNV oder zum weiteren Ausbau der Gig-Economy kommen. 

Szenario Immersion

Bei Szenario Immersion handelt es sich um eine Übung, um vorhandene Szenarien auf deren Implikationen zu erkunden. Anders als das Futures Wheel ist es weniger strukturiert und hat klassischerweise eher Brainstorming-Charakter. 

Shocks-Slides-Shifts

Dies ist ein Framework, das hilft, Veränderungen zu strukturieren und für die Gestaltung von Transformationsprozessen zu nutzen. Es kommt aus dem Campaigning der US-Social-Justice-Bewegung. Es wurde von Movement Generation entwickelt. Adrienne Maree Brown hat es in Emergent Strategy (S. 45/46) vorgestellt. Shocks sind einmalige Events mit hohem Impact. Sie kreieren einen Möglichkeitsraum (Window of Opportunity) und führen häufig dazu, dass zentrale Akteure eine plötzliche Kehrtwende (Shifts) machen (z.B. Angela Merkel und Fukushima). Slides sind langsame, kontinuierliche Veränderungen, die oft unbemerkt ablaufen. Sie führen dazu dass Vertrautes porös wird und ggf. weniger standhaft ist als angenommen. Shifts sind dagegen bewusste Entscheidungen und Verhaltensänderungen von Akteuren, die zu Veränderungen im System führen.

Three-Horizons-Modell

Das Three-Horizons-Modell von Bill Sharpe eignet sich hervorragend, um Transformationsprozesse zu beschreiben und zu verorten, wo man aktuell in diesem Prozess steht. Das Three-Horizons-Modell geht davon aus, dass im Zuge einer Transformation drei Horizonte miteinander interagieren und teilweise konkurrieren. Horizont 1 repräsentiert das Etablierte, das vorherrschende Paradigma. Horizont 3 steht für das Entstehende, das neue Paradigma. Horizont 2 bündelt alle Arten von Disruptionen und Innovationen. Im Verlauf eines Transformationsprozesses geht es nun einerseits darum zu verstehen, inwieweit der Horizont 1 es schafft, die Herausforderungen und neuen Möglichkeiten des zweiten Horizonts zu integrieren und so das vorherrschende Paradigma zu stabilisieren (H2-). Andererseits gilt es zu erkunden, inwiefern das neu entstehende Paradigma bessere Antworten für den Horizont 2 (H2+) findet. In diesem Fall bekommt Horizont 3 zusätzliche Triebkraft und Momentum. Horizont 2 wird so zum Zünglein an der Waage. 

Windtunneling

Beim Windtunneling geht es darum, eine Strategie (strategische Ziele), Produkt oder Vorhaben mit ihren jeweiligen Grundannahmen in Zukunftsszenarien zu testen und zu überprüfen, inwieweit diese Strategie, dieses Produkt bzw. dieses Vorhaben robust genug für diese Zukünfte sind. Falls diese nicht ausreichend robust sind, geht es darum zu fragen, inwieweit die Strategie, das Produkt, das Vorhaben angepasst werden muss bzw. zu definieren, wann ein solcher Handlungsbedarf besteht. 

Futures Thinking in Action

Aktionsmethoden? Was sind das eigentlich?

Wie schon in Teil 1 und 2 dieser Reihe skizziert, bezeichnen Aktionsmethoden eine Vielzahl von Facilitation-Ansätzen, bei denen die Teilnehmenden ein Thema spielerisch und erlebnisorientiert erkunden. Darunter fallen z.B. Methoden wie Soziodrama, Psychodrama, Soziometrie, Forumtheater, Rainbow of Desires, Playback Theater, systemische Aufstellungen, Social Presencing Theater oder Applied Improv. Aber auch Lego Serious Play gehört in den erweiterten Dunstkreis von Aktionsmethoden. Aktionsmethoden bereichern Workshops und machen sie lebendiger, bunter, spielerischer, emotionaler, physischer, transformativer und regenerativer. In der Regel folgen sie einer Logik von (1) Warm-Up, (2) Aktionsphase, (3) Reflektion und (4) Transfer. Die hier vorgestellten Tools entstammen überwiegend dem Soziodrama.

Über Aktionsmethoden entstehen Räume, die wie Löwenzahn sind. Wenn du neugierig auf Aktionsmethoden geworden bist und diese einmal erleben willst, dann schau doch mal auf Dandelion Spaces. Über den Newsletter weisen wir regelmäßig auf offene Angebote hin. 

Futures Thinking in Action: sieben Kombinationen

Im folgenden möchte ich sieben Möglichkeiten vorstellen, Futures Thinking und Aktionsmethoden zu kombinieren. Selbstverständlich gibt es unzählige andere Arten hierfür. Wir haben an anderer Stelle auch das Gestern-Heute-Morgen als kombiniertes Werkzeug vorgestellt. Auch die Arbeit mit Zeitstrahlen oder das 4-D-Mapping aus dem Social Presencing Theater (s. Retrospektiven in Action) sind tolle Möglichkeiten, Futures Thinking mit Aktionsmethoden zu kombinieren. Mit diesem Artikel möchten wir dafür werben, die Arbeit mit Zukünften erlebbarer und Transformation spürbarer zu machen. Die hier skizzierten Aktionsmethoden nehmen an Schwierigkeit, Komplexität und Länge zu. Das zeigt sich auch an der Länge der Beschreibungen. Während die Laudatio und die Freeze Frames sehr schnelle und einfache Möglichkeiten sind, eine bestimmte Zukunft in den Raum zu holen, so sind der Dokumentarfilm oder das Multi-Szenen-Spiel deutlich anspruchsvoller in der Leitung und brauchen auch mehr Zeit. 

1. The Three Divides in Action: Die Zukunfts-Jury

In jedem 4-D Mapping werden die ökologische, soziale und spirituell-kulturelle Entkoppelung über die Erde, eine marginalisierte Gruppe oder Individuum sowie das höchste Potenzial des Systems als Rollen repräsentiert. Diesen Mechanismus kann man einfach auf jeden Workshop zu Strategie-Entwicklung oder Transformation übertragen. Es müssen nicht genau diese drei Rollen sein, sondern es können auch Konkretisierungen Sinn machen. 

Du führst die Rollen über drei Stühle ein bzw. virtuell über ein Bild mit drei leeren Stühlen in deiner Videokachel (z.B. mittels mmhmm). Hin und wieder könnt ihr eure Erkenntnisse und Ergebnisse über diese drei Rollen reflektieren und spiegeln. Teilnehmer*innen treten hinter die Stühle und sprechen aus diesen Perspektiven. Ein Rollenfeedback ist nur notwendig, wenn es zu intensiven Erlebnissen kommt.

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2. Pre-Celebration in Action: die Laudatio oder Freeze Frames

Stell dir vor, euer Projekt wird ein überragender Erfolg. Stell dir vor, jemand Prominentes hält eine Laudatio, beschreibt die Ergebnisse und benennt, was sich durch das Projekt verändert hat und möglich wird. Diese Person würdigt euren Einsatz und skizziert ebenfalls die wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zum Erfolg sowie eure Erfolgsgeheimnisse. 

Pre-Celebrations dienen dazu, einen Projekterfolg vorzudenken um zu verstehen, was nötig ist, damit das Projekt wirklich ein Erfolg werden kann. In der Regel ist ein Pre-Celebration auch ein guter Abschluss für einen Workshop. Es bietet Vorab-Anerkennung und -Wertschätzung für die anstehende Projektarbeit und Vorfreude auf die Projektergebnisse und -erfolge. Denn für unser Gehirn ist auch diese Spielerfahrung echt. Es kann nicht unterscheiden, ob die Handlung fiktive oder reale Wirklichkeit ist. Häufig ist ein Pre-Celebration sehr heiter und versetzt die Gruppe in eine Art Champagner-Laune. 

Um ein Pre-Celebration in Aktion durchzuführen braucht es höchstens ein Artefakt, das “Rederecht” gibt wie z.B. ein Rednerpult oder ein Mikrofon. Ihr findet zunächst eine prominente Person für die Laudatio. Häufig ist es die CEO oder ein Vorstand, aber auch die Bundeskanzlerin, die Bundespräsidentin oder der Generalsekretär der UNO könnten passen. Nun treten Mitglieder des Teams hinter das Pult und halten die Laudatio. Eine Person beginnt, die nächsten übernehmen und ergänzen. Dieses Abklatschen und Übernehmen einer Rolle nennt sich Tagging. Ansonsten ist die Laudatio eine Variante des leeren Stuhls (s. (Remote) Facilitation in Action).

Nach der Laudatio kann man fragen, was es jetzt noch braucht, damit dieser Erfolg eintreten kann. Gerade zum Ende eines Workshops kann es jedoch auch energetisierend sein, die Arbeit mit solch einem Hochgefühl ohne eine Reflexion zu beenden. 

Alternativ zur Laudatio kann man auch Freeze Frames nutzen. Dafür arbeiten Kleingruppen zu folgenden Fragen:

  • Situationsbeschreibung: Beschreibt, wie sich der Projekterfolg konkret zeigt
  • Erfolgsfaktoren: Was waren wichtige Prinzipien, um das Projekt zum Erfolg zu führen?
  • Meilensteine: Was waren die wichtigsten Schritte auf dem Weg zum Erfolg
  • Learnings: Was müssen wir heute tun, um den Erfolg von Morgen sicherzustellen?

Abschließend entwickelt jede Gruppe ein Standbild (Freeze Frame) für die Situationsbeschreibung. Dieses Bild zeigen sich die Gruppen dann in Kombination mit der Rückpräsentationen ihrer Ergebnisse. Solche Standbilder machen sich auch immer gut in Workshop-Dokumentationen.

3. Pre-Mortem in Action: die Three-Picture-Scene

Das Pre-Mortem liegt schon lange in unserem Werkzeugkoffer und war auch hier schon einmal Thema. Ähnlich wie beim Pre-Celebration geht es darum, das Projektende vorwegzunehmen. Allerdings vor dem Hintergrund eines angenommenen Misserfolgs. Sich einzugestehen, dass ein Projekt scheitern kann, ist für viele schon ein Moment des Schluckens. Sich das Scheiter-Szenario auszumalen, fühlt sich nicht gerade gut an. Zu benennen, was man falsch gemacht, falsch eingeschätzt oder unterlassen hat, bohrt mit den Fingern tief in alten und frischen Wunden. Nicht selten spüren viele hier bereits Parallelen zur gegenwärtigen Situation. Die Diskussion, was erforderlich ist, damit solch ein Scheitern nicht eintritt, ist in der Regel sehr produktiv und konstruktiv. Es sensibilisiert und fokussiert die Teilnehmenden für die Anforderungen des Projekts. 

Um ein Pre-Mortem in Aktion zu bringen, kann man mit der sogenannten Three Picture Scene arbeiten, die wir von unserer Kollegin Valerie Monti Holland vom International Sociodrama and Creative Action Network kennen. Dafür bieten sich Kleingruppen von drei bis fünf Teilnehmern an. Jede Gruppe diskutiert, wie das Scheiter-Szenario aussehen mag und entwickelt dafür ein Standbild. Im Plenum zeigen sich die Kleingruppen ihre Standbilder, ohne sie zu erklären. Die Teilnehmenden der jeweils anderen Gruppen diskutieren, was sie in den Standbildern sehen, welche Spannungen sie wahrnehmen, welche Rollen sie identifizieren können und welche Gefühle sie diesen zuschreiben. Anschließend gehen die Teilnehmenden zurück in ihre Kleingruppen, bauen ihr Standbild um und fügen je eine vor- und eine nachgelagerte Szene hinzu. Die vorgelagerte Szene soll zum Ausdruck bringen, wie es zum Scheitern kommen konnte, was versäumt, unterlassen oder unterschätzt wurde. Die nachgelagerte Szene soll die Konsequenzen des Scheiterns zeigen. Alternativ kann sich die Gruppe auch auf zwei vorgelagerte Szenen einigen, um mehr Fokus auf das Backcasting zu legen. Zurück im Plenum zeigen sich die Kleingruppen ihre drei Standbilder und lassen diese wirken. Anschließend steigt ihr in eine Diskussion ein, was heute zu tun ist, um dieses Scheitern zu vermeiden. 

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4. Szenario Immersion in Action: Rollen-Kreationen

Bei der Szenario Immersion werden vorgegebene Szenarien genutzt, um breit nach möglichen Implikationen für eine Gesellschaft, eine Organisation oder eine Community zu schauen. Szenario Immersion in Action eignet sich gut als Übung für Perspektivwechsel. In Organisationen bzw. Organisationseinheiten dominiert in der Regel ein eher chancen- oder risiko-orientierter Blick in Richtung Kontext und Zukunft. Diese Übung kann helfen, den Blick stärker in die Richtung des blinden Flecks zu lenken. Dafür wählt man komplementär die Seite aus, die in der Organisation oder der Abteilung unterrepräsentiert ist. Für die Übung gilt es zu entscheiden: sollen Chancen oder Risiken erkundet werden? Als Beispiel wähle ich hier mal die Risiken. Außerdem ist es wichtig, dass ein zu erkundendes Szenario bereits vorliegt. 

Als Warm-up für das jeweilige Szenario können Teilnehmer*innen per Zuruf oder in Kleingruppen Risiken (bzw. Chancen) sammeln. 

Für die Aktionsphase werden zunächst Rollen für das Referenzprojekt vergeben. Das kann z.B. die Organisation sein. Anschließend wählen die Teilnehmer*innen Rollen für Chancen bzw. Risiken aus. Eine Rolle kann hier im Prinzip alles sein. Es kann eine abstrakte Rolle wie Bedrohung X sein. Es kann eine soziale Rolle z.B. ein* Doktor*in sein, die eine vermeintliche Bedrohung darstellt oder erlebt. Teilnehmer*innen können aber auch in die Rolle von etwas Dingliches schlüpfen, dass eine Bedrohung darstellt oder erfährt. Die Teilnehmer*innen in Rollen sprechen zu der Organisationsrolle und schildern die Bedrohung und wie sich diese Bedrohung manifestieren könnte. Die Organisation muss gar nichts sagen. Es braucht auch keine Interaktion zwischen den Rollen. Statt lange in Rollen auf der Bühne zu verharren, geht es eher darum schnell eine Rolle einzunehmen, kurze Statements abzugeben, abzutreten und ggf. in einer neuen Rollen wieder die Bühne zu betreten. Die Rollen brauchen keinen Bezug aufeinander. Wenn eine inhaltliche Sättigung auftritt, leitest du über ein Rolleninterview mit der Organisation zur Reflexion über.

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5. Vision in Action: Der Dokumentarfilm

Bei diesem Futures Thinking in Action Ansatz explorieren wir eine Vision, ein strategisches Ziel, einen Trend oder ein Szenario, um solch eine positive Zukunft vorzustellen und zu verstehen, welche Erfolgsfaktoren nötig waren und welche Konsequenzen zu erwarten sind. Wir bedienen uns dafür der Idee eines fiktiven Dokumentarfilms bzw. einer TV-Reportage in der Zukunft. Der fiktive Dokumentarfilm wird einige Jahre nachdem die Vision oder das strategische Ziel erreicht wurden bzw. der Trend massentauglich bzw. das Szenario eingetreten ist gedreht. Dieses Format ist im Prinzip ein komplettes Soziodrama und bietet unzählige Möglichkeiten, wie sich das Spiel entfalten kann, wenn es gestartet ist. Das hier skizzierte Vorgehen ist daher eher als Beispiel zu verstehen. 

Das Warm-up

Das Spiel “In der Zukunft …” mag ein guter Energizer sein. In Paaren improvisieren die Teilnehmenden was die Zukunft bringen mag, indem sie wechselseitig und möglichst schnell den Satz “In der Zukunft …” vervollständigen. Dabei ist es vollkommen egal, ob die Antwort möglich oder realistisch ist. Es geht eher darum, die Kreativität anzuregen und zu improvisieren. 

Als inhaltliches Warm-up bieten sich das Futures Wheel und/oder die Szenario-Archetypen an. 

Für das Futures Wheel bekommen die Teilnehmenden ein A3-Blatt (auch für Remote-Settings). Sie notieren individuell das Thema (bzw. die Vision oder das strategische Ziel) in die Mitte. Wie bei einer Mindmap notieren sie nun, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Anschließend versuchen sie aus den Konsequenzen bzw. aus der Kombination von Konsequenzen weitere Konsequenzen abzuleiten. Dadurch entsteht so etwas wie ein Welleneffekt, nachdem ein Stein ins Wasser geworfen wurde. 10 Minuten dürften hierfür vollkommen ausreichen. 

Für die Szenario-Archetypen überlegen die Teilnehmenden welche Themen und Akteure von der Vision profitiert haben, wer oder was an Bedeutung verloren hat, wer oder was sich transformiert oder neu erfunden hat und wer oder was die eigene Position zu behaupten vermochte. Wenn die Zeit da ist, empfiehlt es sich zwei Runden zu machen um Themen und Akteure getrennt voneinander zu erkunden. Alternativ zu Individual- oder Kleingruppenarbeit kann man auch die vier Themen den Raumecken zuordnen bzw. feste Breakout-Räume einrichten und Teilnehmende bitten durch die Räume zu gehen.

Als Übergang zur Aktionsphase kannst du die Teilnehmenden per Zuruf fragen, welche Elemente typischerweise in einem Dokumentarfilm vorkommen. 

Die Aktionsphase

Die Aktionsphase braucht zu Beginn ein inhaltliche und ein zeitliches Framing seitens der Leitung. Das könnte z.B. so lauten: “Ein paar Jahre nachdem die Vision Wirklichkeit bzw. das strategische Ziel erreicht wurde, wird ein Dokumentarfilm über die Transformation gedreht. Der Film will zeigen, wie sehr sich die Welt gewandelt hat, was anders geworden ist, was sich verbessert hat, aber auch welche neuen Probleme aufgetaucht sind und welche alten Probleme fortbestehen. Dabei sollen durchaus auch kritische Stimmen zu Wort kommen.”

Ihr klärt zunächst, wer oder was in diesem Dokumentarfilm gezeigt werden müsste. Dies könnt ihr entweder auf Zuruf oder als Kartenfrage (im Chat oder auf einem virtuellen Whiteboard) machen. Anschließend wählen die Teilnehmenden eine Rolle, der sie für einen solchen Dokumentarfilm gern eine Stimme geben mögen. Virtuell können die Personen sich dann umbenennen. Im Raum schreiben sie ihre Rollennamen auf mittelgroße Post-Its und kleben es sich an die Brust. Introspektionsfragen können den Teilnehmer*innen helfen tiefer in die Rollen zu finden. 

Nun eröffnest Du den Dokumentarfilm und fragst, wer von den Anwesenden als erste zu Wort kommen will oder sollte. Rollen kommen auf die Bühne und werden interviewt. Als Leitung kannst Du sowohl in Richtung Backcasting nach Erfolgsfaktoren als auch in Richtung Futures Wheel / Szenario-Archetypen nach den Neuerungen und Veränderungen und deren Konsequenzen fragen. 

Wenn es sich inhaltlich anbietet (z.B. wenn über etwas Räumliches oder Anfassbares gesprochen wird), können die Rollen auch das Neue szenisch improvisiert präsentieren. Ggf. lohnt es sich auch verwandte Rollen direkt mit auf die Bühne zu bitten. So hatten wir z.B. mal in der Eröffnungsszene einen Jugendlichen und seine Mutter. Während des Rolleninterviews hört ihr aktiv zu, inwiefern Themen oder Rollen erwähnt werden, die aktuell noch unbesetzt sind oder noch nötig wären. Man kann als Leitung auch Rollen danach fragen, inwiefern sie anderen Rollen etwas sagen möchten. Nach ein paar Minuten “schneidet” man zur nächsten Szene mit neuen Rollen. So springt ihr von Szene zu Szene bzw. von Akteur / Akteurkonstellation zu Akteur / Akteurkonstellation. Wenn alle wichtigen Themen und Akteure zu Wort gekommen sind, bindet ihr den Film ab. 

Reflexions- und Transferphase

Für die Reflektion bietet es sich an, zunächst um ein Rollenfeedback zu bitten. Anschließend diskutiert ihr, welche Annahmen und Muster sich beobachten ließen bzw. welche Themen zu wenig beachtet oder vergessen wurden.

6. Threatcasting in Action: Das Multi-Szenen-Spiel

Für ein Threatcasting in Action empfiehlt es sich, dass vorab eine Bedrohung identifiziert wurde. Man kann solch eine Bedrohung auch in der Session heben. Das erfordert jedoch zusätzlich Zeit. Insgesamt benötigt man ca. 2,5-3h für solch eine Session. 20-30 Minuten für das Warm-up, 90 Minuten für die Aktionsphase, 20 Minuten für die Reflexion und 25 Minuten für die Ableitung möglicher Maßnahmen. 

Das Warm-up

Als erstes Warm-up kann man ein generisches Prozessdiagramm mit fünf Phasen nutzen. Für jede der fünf Phasen können die Teilnehmenden in Kleingruppen überlegen, was wohl in einem generischen Bedrohungsszenario passieren wird. Alternativ oder ergänzend kann man per Zuruf fragen, was in jeder Phase passieren mag. Für jeden Zuruf machen alle Teilnehmenden z.B. ein kurzes Standbild, das ihr per Screenshot festhaltet. 

Phase 1Phase 2Phase 3Phase 4Phase 5
Das DavorDer BeginnDer VerlaufDas EndeDas Danach

In einem zweiten Warm-Up eignet sich das Shocks-Slides-Shifts-Framework. Allein oder in Kleingruppen überlegen die Teilnehmenden, welche Shocks die Bedrohung auslösen mag, welche sonstigen Slides wichtig wären und welche Shifts daraus resultieren könnten. 

Die Aktionsphase

In diesem Threatcasting-Format erkundet ihr das Bedrohungsszenario in drei Prozessphasen über jeweils drei bis vier verschiedene Kurz-Szenen. Dadurch erhaltet ihr eine umfassende Sicht über den Impact der Bedrohung auf verschiedenen Ebenen und zu verschiedenen Zeitpunkten. 

In der Aktionsphase erarbeiten Kleingruppen in drei Runden Szenen. Dafür braucht es ca. 90 Minuten. Zwischen jeder Runde kann ein Journaling Sinn machen, bei dem sich die Teilnehmenden in 2-5 Minuten in Stille Gedanken, Assoziationen, Metaphern, Gefühle oder Empfindungen notieren oder auch mit dem Shock-Slides-Shifts-Framework weiterarbeiten. 

Runde 1: Szenen aus der Anfangsphase der Bedrohung

Die Kleingruppen überlegen sich jeweils eine kurze Startszene zu Beginn der Bedrohung. Neben der Szene benennen und vergeben sich auch die notwendigen Rollen. Sie brauchen die Szene nicht durchzuspielen oder zu üben. Die Gruppen sollten dafür ca. 10-15 Minuten Vorbereitungszeit bekommen. Diese kurzen Szenen spielen sich die Kleingruppen dann improvisiert vor. Die Szenen sollten nicht länger als 5 Minuten dauern. 

Runde 2: Szenen aus dem Verlauf der Bedrohung

Die Teilnehmenden gehen zurück in ihre Kleingruppen und überlegen sich neue Szenen, die aus dem weiteren Verlauf der Bedrohung stammen. Sie sind dabei frei in der Wahl ihrer nächsten Szenen. Diese Szenen können die gleichen Szenen im Verlauf der Bedrohung sein oder eine ganz andere Szene mit ganz anderen Rollen. Vermutlich brauchen die Kleingruppen nun etwas weniger Zeit für die Vorbereitung. Auch diese Szenen werden improvisiert zurückgespielt. 

Runde 3: Szenen aus dem Ende oder nach der Bedrohung

Bevor ihr in die dritte Runde startet, klärt ihr, ob es für die Gruppe mehr Sinn macht, das Ende oder das Danach der Bedrohung zu explorieren. Ansonsten läuft Runde 3 wie die vorherige Runde ab. 

Reflexion und Transfer

Für die Reflexion bietet es sich an die Runden zu analysieren und gemeinsam herauszuarbeiten, welche Muster und Grundannahmen ihr gesehen, was gefehlt hat und welchen Bezug das Gezeigte zu Realität haben mag. Anschließend geht ihr in die Transferphase über und leitet (in Kleingruppen oder per 1-2-4-all aus den Liberating Structures) Maßnahmen ab, um für solche Bedrohungssituationen vorbereitet zu sein. 

Futures Thinking in Action

7. Three-Horizons in Action: Rollen-Container und Objekt-Rollen

Das Three-Horizons-Modell habe ich jüngst an der Soziodrama-Akademie für eine zweistündige Session eingesetzt. Thematisch ging es darum, inwiefern wir eine Rückkehr in die Präsenzarbeit (Horizont 1) erleben oder auch weiterhin virtuelle Workshops für Gruppen und Teams sehen werden (Horizont 3). Dabei habe ich mit Rollen-Containern und Objektrollen gearbeitet. 

Rollen-Container sind Klammern, innerhalb derer sich Teilnehmende frei Rollen auswählen können. Ein Rollen-Container könnten z.B. “die Kunden” sein. Rollen-Container sind ein Kunstgriff, um einerseits bestimmte Kategorien vorzugeben und gleichzeitig Wahlfreiheit innerhalb dessen zu ermöglichen. Objektrollen als Verfremdung waren ebenfalls ein Kunstgriff für diesen spezifischen Kontext, um zu verhindern, dass Teilnehmende sich selbst spielen. Denn alle Teilnehmenden besuchen und/ oder leiten selbst regelmäßig Workshops. In anderen Kontexten kann man vermutlich gut mit sozialen Rollen arbeiten. 

Nach einigen Warm-Ups und einer kurzen Einführung in das Three-Horizons-Modell habe ich vier Breakout-Räume eingerichtet und die Teilnehmenden haben sich einigermaßen gleichmäßig verteilt. Raum 1 war der Rollen-Container des ersten Horizonts. Die Teilnehmenden haben sich Objekte aus dem ersten Horizont (Rückkehr zu physischen Workshops) überlegt und diese als Rollen eingenommen. Als Rollen waren z.B. Workshop-Marker, ein Stuhl und ein Flipchart anwesend. In Raum 2 suchten die Anwesenden Objektrollen aus dem dritten Horizont (Online-Workshops). Neben Zoom wurden hier z.B. auch virtuelle Whiteboards gewählt. In Raum 3 überlegten die Teilnehmende, welche disruptiven Ereignisse, Entwicklungen oder Entscheidungen für das Thema wichtig wären. Jede*r wählt ein solches disruptives Ereignis, Entwicklung oder Entscheidung als Rolle aus.  Im vierten BOR geht es um soziale Rollen, die Workshops planen und organisieren.  

Zurück im Plenum habe ich eine der sozialen Rollen, die Workshops planen und organisieren, nach einem konkreten Setting gefragt. Anschließend sind Objekte aus Horizont 1 und 3 sowie die Disruptionen auf die Bühne gekommen und haben miteinander gerungen. Als diese Szene an ihr Ende kam, haben wir noch eine weitere Szene einer anderen sozialen Rolle erkundet. 

Nach der Aktionsphase sind wir über das Rollenfeedback und die Generative Scribings von Magdalena Vollmer und Daniel Wiesen in eine inhaltliche Diskussion sowie eine kurze methodische Reflektion eingestiegen. 

Generative Scribing, Magdalena Vollmer, 2021
Generative Scribing, Daniel Wiesen, 2021

7+1. Strategy-Windtunneling in Action: Der Schleier

Das Windtunneling wurde jüngst durch eine Session von Jose Ramos beim Participatory Futures Global Swarm wieder in mein Bewusstsein gerückt. Ich habe es zum Anlass genommen, zu skizzieren, wie man ein Windtunneling in Action durchführen könnte. 

Für ein (Strategy)-Windtunneling braucht es etwas Vorarbeit. Zunächst einmal braucht es eine klar definierte Strategie bzw. strategische Ziele. Zum zweiten braucht es ein (mindestens) ein Zukunftsszenario, das einen ähnlichen zeitlichen Scope wie die Strategie hat und nicht einer Fortschreibung der Gegenwart entspricht. 

Für das Windtunneling hat Jose Ramos uns in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe 1 hat aus der Gegenwart an der Strategie gerüttelt und in die Zukunft gearbeitet. Gruppe 2 befand sich in der Zukunft und hat das Szenario mit Leben gefüllt. In vier Schritten haben wir eine fiktive Regierungspolitik für die Weltraum-Exploration “getestet”. In Schritt  1 haben wir die Gegenwart bzw. das Szenario mit Leben und Kontext erfüllt. Dazu gab es für jede Gruppe ein paar Hilfestellungen. In Schritt 2 gab es eine Begegnung der beiden Gruppen. Zunächst durfte die Gegenwarts- die Zukunftsgruppe befragen. Dabei durften wir jedoch keine Empfehlungen und Ratschläge gegeben werden. Anschließend wurde getauscht. In Schritt 3 haben wir dann in der Gegenwartsgruppe überprüft inwiefern die vorab definierten Ziele der Regierungspolitik Änderungen, Anpassungen oder Ergänzungen bedürfen. Die Gruppe des Zukunftsszenarios bereitete Empfehlungen vor. In Schritt 4 haben wir die jeweiligen Ergebnisse miteinander geteilt. 

Der Schleier war in diesem Fall die parallele Arbeit von zwei Gruppen zu verschiedenen Zeiten (Gegenwart und Zukunftsszenario). Über die Befragungssituation konnten die Gruppen jeweils kurz einen Blick auf die andere Seite werfen. Der Schleier hat Spannung aufgebaut, neugierig gemacht und für kreative Irritationen gesorgt. 

Das hier skizzierte Vorgehen ließe sich in Sachen Aktionsmethoden leicht erweitern, wenn wir das Gegenwarts- und Zukunftsszenario mit sozialen Rollen angereichert hätten. So hätten wir z.B. über die Rollen-Container Befürworter, Gegner und Zaungäste nach relevanten sozialen Rollen suchen oder auch die Szenario-Archetypen nutzen können. Ergänzend zum Interview hätten die Gruppen einander über Rollenbegegnungen Einblicke in die jeweiligen Szenen geben können und anschließend einander aus den Rollen befragen können. Darüber hätten wir noch tiefer in das Setting, Szenario und die jeweiligen Szenen eintauchen können. 

Fazit: Futures Thinking in Action

Futures Thinking und Aktionsmethoden ergänzen sich hervorragend. Beide halten ein reiches Repertoire an Werkzeugen bereit, die sich gut kombinieren lassen. Futures Thinking weitet den Möglichkeitsraum, während Aktionsmethoden den Erlebnisraum vergrößern. Futures Thinking in Action ist eine wunderbare und äußerst kraftvolle Mischung, die viel Emergenz in den Raum bringen und Momentum entstehen lassen kann. 

Wenn du neugierig auf Aktionsmethoden geworden bist und diese einmal erleben willst, dann schau doch mal auf Dandelion Spaces. Über den Newsletter weisen wir regelmäßig auf offene Angebote hin. 

Dies ist der dritte und letzte Teil der Reihe (Remote) Facilitation in Action. Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2.

Jörg Jelden

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