Es ist später Nachmittag, der Workshop befindet sich auf den letzten Metern. Die Ergebnisse stehen, die nächsten Schritte sind geplant. Die ersten Teilnehmer schauen auf die Uhr. 15 Minuten noch. Was noch fehlt, ist ein sauberes Ende, vielleicht ein Statement der Teilnehmenden? In diesem Artikel möchte ich eine Auswahl an Feedback-Methoden vorstellen, die wir zum Abschluss von Workshops gerne einsetzen.
Eine Feedbackrunde ist lediglich eine Art, einen Workshop zu beenden
Vorab etwas Grundsätzliches: Nicht jeder Workshop muss mit einer Feedbackrunde enden. So etwas ist nur eine Möglichkeit, in einem Workshop den Schlusspunkt zu setzen. Kollege Jörg wies mich beim Schreiben dieses Artikels darauf hin, dass wir durchaus auch andere Wege gehen, einen Workshop zu beenden. Energizer zum Beispiel, oder Aufstellungen, kleine Rollenspiele, etwas Dynamisches. So etwas kann man auch nach einer inhaltlichen Abschlussrunde machen – oder stattdessen, um damit einen vitalisierenden Schlusspunkt zu setzen. Eine andere Art des Abschlusses kann auch sein, den Flurfunk zu thematisieren und zu fragen: Was erzählen wir den Kolleginnen und Kollegen morgen von diesem Workshop?
Für mich persönlich ist ein Abschluss-Feedback aber immer noch unerlässlich, allerdings möchte ich mich von dem Begriff Feedbackrunde verabschieden, denn er suggeriert, dass das Feedback im klassischen Sinne reihum gegeben wird. Das mag ich nicht, aber dazu später.
Zwei Ebenen des Feedbacks
Als Moderator interessieren mich zwei Dinge, wenn ich die Teilnehmenden nach ihrem Eindruck vom Tag frage: auf inhaltlicher Ebene will ich wissen, ob alle zufrieden sind und inwiefern sie der Meinung sind, dass die Diskussionen und Ergebnisse alle Beteiligten in der Sache vorangebracht haben. Mich persönlich interessiert aber auch, inwieweit die Teilnehmenden mit der Moderation und der Workshop-Führung zufrieden waren. Schließlich ist jeder Workshop anders, und auch als “alter Hase” lerne ich immer wieder dazu. Ich finde es aber extrem wichtig zwischen diesen beiden Erkenntnisebenen zu unterscheiden, sonst wabert das Feedback so hin und her. Und manche Teilnehmer nutzen auch ganz gerne Moderatoren-Kritik oder -Lob, um einer inhaltliche Aussage aus dem Wege zu gehen.
Die richtigen Fragen stellen, um inhaltliches und moderatives Feedback zu trennen
Mein Tipp also: Versucht durch die Art der Fragestellung darauf zu achten, dass die Ebenen des Feedbacks deutlich werden. “Wie ist Euer Eindruck vom Tag?” ist eine Frage, die beide Ebenen vermischt. “Wie hat Ihnen der Tag gefallen?” ist ebenfalls eine ziemlich dürftige Frage für ein Abschluss-Feedback. Schließlich ist ein Workshop kein Besuch im Freizeit-Park und persönliches Gefallen nicht unbedingt das wichtigste Erfolgskriterium. Es ist zwar nicht unwichtig, aber das Ziel der allermeisten Workshops ist doch, dass etwas erreicht wurde.
Wenn ich aber frage: “Was hat der Tag mit Euch gemacht? Worüber denkt Ihr jetzt anders als noch heute morgen?” – dann ziele ich damit auf die inhaltliche Ebene ab. Gleiches gilt für die Frage: “Inwiefern sind Sie mit den Ergebnissen zufrieden?” Und wenn ich bewusst Feedback zur Moderation einholen möchte, dann frage ich, welche Aspekte oder Tipps die Teilnehmenden mir persönlich als Moderator noch mit auf den Weg geben möchten. Aber unter uns: Diese Frage stelle ich selten bis nie, denn eigentlich immer, wenn ich explizit nach inhaltlichem Feedback frage, kommt auch immer ein Feedback zur Moderation. Umgekehrt wird das aber sicher nicht funktionieren …
Es gibt kaum etwas schlechteres, als immer schön der Reihe nach
Es gibt eine natürliche Dynamik in Gruppen, bei Vorstellungsrunden oder Feedbacks immer schön der Reihe nach zu antworten. Für mich als Moderator – und auch für die Teilnehmenden – ist das ganz schön ermüdend, gerade am Ende eines langen Tages ist dann schnell die Luft raus. Wer also unbedingt am Ende einer Veranstaltung möglichst genervte Gesichter sehen und möglichst oft den gelangweilten Satz “Ich schließe mich meinem Vorredner an” hören möchte, der sollte unbedingt der Reihe nach ein Abschluss-Statement erfragen. Wer aber versuchen möchte, einen kleinen Rest an Dynamik über die Zielgerade des Workshop-Tages zu retten, sollte sich lieber etwas Abwechslungsreicheres einfallen lassen. Und Möglichkeiten dazu gibt es einige.
Die Abschluss-Runde mit einer stillen Reflexion starten
Es muss nicht immer sofort ein Abschluss-Feedback in großer Runde sein. Um die Workshop-Teilnehmer zu motivieren, sich persönlich mit dem Tag auseinanderzusetzen, verteilen wir manchmal auch ein Template mit einer Vierer-Matrix. Die Teilnehmenden machen sich Stichworte zu den einzelnen Fragen und anschließend gibt es ein offenes Abschlussgespräch, wo jede und jeder das vorstellt, was er oder sie gerne sagen möchte. Die Fragen lassen sich natürlich auch wunderbar ohne Template oder vorherige stille Reflektion benutzen. Und bevor jemand fragt: Ja, die Antworten auf diese vier Fragen können dazu führen, dass Feedback zum Inhalt und zur Moderation vermischen. Hier greift das Prinzip: Wenn man eine Regel verstanden hat, darf man sie auch brechen 😉
- Grünes Lachgesicht: Was fand ich gut am Tag? Was hat mich begeistert?
- Rotes Grummelgesicht: Was hat mich gestört? Wa ist offen geblieben?
- Koffer: Was nehme ich mit? Was ist besonders in Erinnerung geblieben?
- Glühbirne: Was war meine größte Erkenntnis? Was war mein Aha-Moment?
(Weil die Glühbirne ja ein relativ ausgelutschtes Symbol ist, haben wir auch schon einen Hashtag verwendet und die Frage etwas angepasst.) - Ergänzen lassen sich diese Felder noch durch das Ausrufezeichen. Es steht für die Frage: „Was will ich jetzt in Angriff nehmen? Was werde ich ab morgen (anders) machen?“ Diese Frage dient dann aber weniger als Feedback, sondern vielmehr als eine Art Feedforward, als Handlungsintention und Absichtserklärung auf zukünftiges Verhalten.
Feedback geben, wenn der Workshop bereits vorbei ist
Es gibt auch die Möglichkeit, jenseits des gesprochenen Wortes ein Statement abzugeben. Zum Beispiel, indem man die Teilnehmer Post-Its schreiben (oder bemalen) lässt. Unser “Silent Feedback” setzen wir gerne ein, wenn wir wissen, dass nach dem Ende des Workshops nicht alle sofort aufspringen und zum Bahnhof oder Flughafen eilen müssen, sondern noch etwas Zeit haben. Dazu kleben wir Tape-Streifen auf eine Wand und stellen so drei Felder her, die wir mit “Plus”, “Minus” und “Delta” beschriften. Plus und Minus sind klar, das Delta steht für den Erkenntnisgewinn: Was habe ich heute mitgenommen? Also quasi wie der Koffer aus der Vierer-Matrix weiter oben. Wir legen ein paar Post-It-Blöcke aus und bitten die Teilnehmer, im Rausgehen noch ihr Feedback zu notieren und an die Wand zu hängen. Durch diese Mechanik wird das Feedback insgesamt informeller; es ist nicht mehr Bestandteil des Workshops selbst – und kann also auch nicht mehr diskutiert werden. Der Nachteil: wir bekommen nicht von allen eine Rückmeldung. Der Vorteil: durch die „anonyme“ Rückmeldung kann das Feedback eine Spur ehrlicher ausfallen.
Das Fünf Finger-Modell
Dieses Modell ist etwas bekannter, und auch das habe ich schon eingesetzt, auch wenn es nicht zu meinen Lieblings-Tools gehört. Es frisst einfach sehr viel Zeit im Vergleich zum Erkenntnisgewinnn, ist relativ formalistisch und es ist gar bnicht so leicht, die fünf Kategorien immer sauber auseinander zu halten. Aber ich finde nach wie vor, dass die Fragen, die den fünf Fingern einer Hand zugeordnet sind, eine ganz gute Orientierung geben, egal wie man sie konkret ausformuliert.
- Daumen: Das war genial. Daumen hoch dafür.
- Zeigefinger: Darauf möchte ich hinweisen. Das fand ich bemerkenswert und besonders wichtig.
- Mittelfinger: Das war schlecht. Dafür zeige ich den “Kritikfinger”
- Ringfinger: So fühle ich mich gerade.
- Kleiner Finger: Das ist mir zu kurz gekommen.
Für den konkreten Einsatz lässt man die Teilnehmenden entweder eine Hand auf ein leeres Blatt zeichnen, dann machen sich alle Stichworte zu den jeweiligen Fingern und präsentieren ihr Feedback. Oder, auch schon gemacht, man malt eine große Hand auf ein Poster (Wand) oder einen Flipchart-Bogen (Fußboden) und alle können ihre Statements auf Post-Its zu den jeweiligen Fingern hängen oder legen.
Visuelle und haptische Stützen
Ich bin nach wie vor großer Fan der Calaidoscopio-Cards, eines Bild-Kartensets, das ich hier schon mal vorgestellt habe. Auch solche visuellen Stützen eignen sich super, um Feedback anzuregen: “Suchen Sie sich ein Bild aus, das Ihre Stimmung nach dem heutigen Tag am besten wiedergibt.” Oder: “Wählen Sie ein Bild, das am ehesten Ihren Aha-Moment des Tages ausdrückt.” Derlei Fragen motivieren ein Wechselspiel aus eigenen Gedanken und äußeren Eindrücken, und das kann nochmal zu ganz anderen Hirnverknüpfungen und Abschluss-Statements führen, als das eine rein rational-verbale Schlussrunde schaffen kann.
Gleiches gilt für das Bauen mit Lego: Wir haben auch schon Workshops durchgeführt, in denen wir am Ende die Teilnehmenden ihre Zusammenfassung des Tages mit Lego-Steinen haben bauen lassen. Wie hier bereits geschrieben, ist die Geschichte hinter dem Bauwerk das eigentlich Interessante – und der schöne Nebeneffekt ist, dass die Teilnehmer das gebaute Objekt mitnehmen können und dann immer an einen hoffentlich erfolgreichen Workshop und das, was sie sich vorgenommen haben, zurückdenken können.
Offene Runde mit Gesprächsregeln
Wer es puristischer und dennoch strukturierter mag, kann auf die Drei-Bälle-Moderation zurückgreifen, die Jörg hier vor kurzem vorgestellt hat. Dabei handelt es sich um eine offene Runde, in der jede und jeder, der einen Gesprächsbeitrag leisten möchte, zuerst einen Ball nehmen muss. Diese Struktur sorgt dafür, dass jede Teilnehmerin den eigenen Redebeitrag wohlüberlegt setzt. Das Nehmen und Hinlegen der Bälle macht es zudem leichter, Pausen auszuhalten und Redereihenfolgen zu beherzigen. Jörg und Valentin nutzen diese Art der Moderation relativ oft, nicht nur für Feedbackrunden. Ich muss aber zugeben: Ich werde nicht so ganz warm mit dieser Methode, obwohl ich die Vorteile in der Theorie durchaus erkenne.
Kreisaufstellungen und menschliche Antwortskalen
Zum Schluss noch eine kleine Übung, die ich aus dem Retromaten übernommen habe, einer schönen Seite mit einigen Übungen für Retrospektiven. Hier stellen sich alle Teilnehmer im Kreis auf. Ich stelle als Moderator einige Fragen und bitte die Teilnehmenden, bei Zustimmung einen Schritt nach vorne zu gehen und bei Ablehnung einen Schritt zurück. Der innere Kreis ist also das Zentrum der Zustimmung. Dann stelle ich einfache Ja-Nein-Fragen wie z.B. “Ich finde, der Workshop war gut investierte Zeit.” Oder: “Ich finde, wir haben ein wichtiges Thema nicht ausreichend diskutiert.” Oder: “Ich bin zuversichtlich, dass wir das Besprochene erreichen werden.” Anschließend frage ich, wenn es die Zeit zulässt, nach Meinungen oder Begründungen für den Schritt nach vorne oder zurück. Und manchmal lasse ich die Teilnehmer auch selbst Fragen stellen, auf die sie sich und anderen eine Antwort geben sollen.
Es muss natürlich nicht immer eine Kreisaufstellung sein. Man kann sich zum Beispiel aus den Möglichkeiten der Marktforschung bedienen und auch eine Skala von eins bis fünf (oder zehn) auf den Boden legen und die Teilnehmenden bitten sich entsprechend dem Grad ihrer Ablehnung oder Zustimmung zu einer Frage einzuordnen.
Fazit
Meine persönlich liebste Abschlussfrage derzeit ist einfach die offene Frage danach, was der Tag mit den Teilnehmenden gemacht hat. Das öffnet eine Meta-Diskussion über den Tag und funktioniert für mich gerade super als erweiterte Feedback-Session.
Neben den hier vorgestellten Tipps gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, einen Workshop zu einem runden Abschluss zu bringen. Jörgs Engagement in Sachen Soziodrama legt hier auch nochmal viele Wege offen. Aber was für Workshops gilt, gilt auch für Blogbeiträge: irgendwann ist auch mal Schluss.
Da jede und jeder eine eigene Art hat, Workshops abzubinden und zum Schluss zu bringen, interessiert mich auch Deine Meinung dazu: Welche Kniffe und Tricks hast Du in Sachen Feedback und Workshop-Abschluss? Womit hast Du gute Erfahrungen gemacht?