High Five
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High Five #15: Von jahrestanzenden Vorhängen und namensingenden Pilzen

Hallo,
fast ist es geschafft. In wenigen Tagen schließt sich der Vorhang für 2020. Während das Jahr viel für uns bereitgehalten hat, halten wir uns bereit für das neue Jahr. Das Bereitmachen beginnt für uns auch damit, dass wir just in diesem Moment mit unserem Büro umziehen und dabei kräftig ausmisten und in Erinnerungen stöbern. Daher stammen heute auch die Beitragsbilder, die inhaltlich völligunpassend einen Teil des Wegwerfens zeigen. Für alle, die das Betahaus kennen und uns dort schätzen: keine Sorge, wir bleiben im Hause.

Zum Abschluss und als Dankeschön für euren Support und all euer tolles Feedback senden wir euch noch einmal fünf anregende Schnipsel, die uns auf der Schwelle zwischen Home-Office und Wahnsinn begegnet sind. 

Wir freuen uns auf ein neues Jahr mit euch und wünschen einen schönen Jahresausklang, ruhige Stunden und angenehme Sinneseindrücke. Habt eine gute Zeit und bis 2021!

Dirk, Jörg und Valentin

1. Sing my name, sing my name

Wenn eine Gruppe erstmals oder einmalig zusammenkommt, braucht es manchmal ein Namensspiel. Damit wollen wir die Aufmerksamkeit einmal kurz auf jede und jeden Einzelnen richten. Wir haben tolle Erfahrungen damit gemacht, dass  Teilnehmende ihre Namen singen. Gerade in Remote Workshops  wirkt dieses Warm-Up der allgemeinen Zoom-Müdigkeit entgegen, aktiviert den Körper und heitert auf.

Ihr stellt euch alle möglichst weit vom Bildschirm weg. Als Facilitatorin singst du den ersten Namen und die Gruppe wiederholt den Namen in der gesungenen Melodie. Der oder die Besungene tritt nach vorne, bleibt dort stehen und singt den nächsten Namen. Nach und nach kommen sich so alle näher, nehmen einander wahr und hören die Namen.


2. Bring‘ deine Verhältnisse zum Tanzen

Neben dem Kopf (Ratio) und dem Herz (Emotionen) ist unser Körper (Somatik) eine wichtige Intelligenzquelle. Intensives Bewegen regt Körper und Emotionalität an und schaltet gleichzeitig den Kopf aus. Bewegungen kreieren eigene Metaphern und Assoziationen. Eine tolle und intensive Art das zu nutzen, ist der Tanz mit einem Thema. Im Rahmen unserer Xmas-Sessions in Aktion haben die Teilnehmer*innen ihr persönliches Jahr 2020 getanzt und in dreieinhalb Minuten einen emotional-physischen Zugang zu den letzten zwölf Monaten bekommen. 

Viele kamen mit glücklichen Gesichtern zurück, manche mit Tränen – die meisten hatten einen intensiven und intimen Moment mit sich selbst. Durch die Synchronizität der gemeinsamen Bewegung wurde die Gruppe gestärkt, gemeinsam der soziale Körper bewegt und die Teilnehmenden haben sich emotional füreinander geöffnet. 

Toll an Zoom und Konsorten ist, dass Nicht-gern-öffentlich-Tänzer (die es auch in unserem Team gibt) einfach außerhalb des Screens tanzen oder nicht tanzen können.


Gemeinsam ins neue Jahr starten

Wir lassen das alte Jahr mit Corona-Weihnachten und Pandemie-Silvester hinter uns und werden gemeinsam in das neue Jahr starten. Wir werden unsere Ziele und Vorhaben, unsere Hoffnungen und Befürchtungen szenisch explorieren und gemeinsam Lachen, Tanzen und Träumen. Wir wollen uns gegenseitig zuhören, zusehen und miteinander mitfühlen.

Dafür greifen wir erneut in die Zauberkästen der verschiedenen Aktionsmethoden und stellen eine bunte Mischung aus Soziodrama, Playback-Theater, Clowning, Physical Theater, Embodiment und Facilitation-Ansätzen zusammen. Wir würden uns sehr freuen, das neue Jahr mit Dir bunt, bewegt und bewegend zu starten. Hier geht es zur Anmeldung.


3. Das Netz auswerfen

In physischen Workshops sind wir uns als Facilitatoren der Wichtigkeit von Präsenz bewußt. Wir stellen z.B. regelmäßig Augenkontakt mit allen Teilnehmenden der Gruppe her. In der Leitung virtueller Sessions ist es deutlich schwieriger, Präsenz aufzubauen und Augenkontakt herzustellen. Denn üblicherweise bewegen wir hauptsächlich unsere Augen und schauen dabei auf kleine Video-Kacheln. Unsere Gegenüber wissen nicht, wen wir gerade ansehen – und fühlen sich schnell nicht gesehen. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, virtuell Blickkontakte mit der Gruppe herzustellen. Du schaust zunächst direkt in die Kamera. So fühlen sich Teilnehmende angesehen, wissen aber auch, dass du gerade nur in die Linse schaust. Dann richtest Du den Blick auf 2-3 Menschen und bewegst dabei den ganzen Kopf und nicht nur die Augen. Anschließend schaust Du wieder kurz in die Kamera und nimmst zwei, drei andere Menschen in den Blick.

Dieses Wechselspiel aus direktem Blick in die Kamera und Checken der Gruppe ist ein tolles Äquivalent zum Augenkontakt in physischen Workshops. Wir haben die Technik unter dem Stichwort „Cast the net“ bei Peta Lily kennengelernt – sie lässt sich prima immer mal wieder einbauen. Neben Präsenz hat diese Übung auch das Ziel die Kohärenz der Gruppe zu stärken und die Teilnehmer*innen wieder als Gruppe zusammenzubringen.


4. Der Pilz in den Ruinen

Als kleine Festtagslektüre empfehlen wir „Der Pilz am Ende der Welt – Über das Leben in den Ruinen des Kapitalismus“ von Anna Lowenhaupt Tsing (im Original: The Mushroom at the End of the World: On the Possibility of Life in Capitalist Ruins). Das Buch ist auf vielen Ebene reich an Entdeckungen und absolut lesenswert. Es beschreibt Ergebnisse experimenteller ethnografischer Feldforschungen zum Matsutake-Pilz. Der Matsutake ist einer der teuersten Wildpilze der Welt. Er gedeiht in Wäldern der nordlichen Hemisphäre, die durch Menscheneinwirkung beschädigt wurden. 

Um diesen Pilz hat sich ein verrücktes globales Wirtschaftssystem aus Sammlern, Händlern und Verkäufern etabliert. Als wäre das alles nicht schon kurios genug, ist das Buch spannend, einfach und zugleich dicht geschrieben. Und die Autorin ordnet die Thematik inspirierend ein: Das Gefüge und die Assamblage-Theorie, Prekarität als Normalzustand und Kontamination als Kollaboration – um nur ein paar Stichworte zu nennen.


5. Und der Vorhang schließt sich

Einen Workshop gut zu beenden, ist ebenso wichtig, wie ein guter Start. Gerade in aktionsgeladenen virtuellen Sessions bietet es sich an, nicht mit einer Check-Out-Runde zu schließen, sondern den Schluss zu einem magischen Moment zu machen: gemeinsam schließt ihr den Vorhang. Dafür hebt ihr die Hände über den oberen Bildschirmausschnitt und senkt sie gemeinsam bis sie unten das Bild verlassen.

Ergänzend dazu könnt ihr euch noch voreinander verbeugen, euch gegenseitig applaudieren und euch selbst auf die Schultern klopfen. Wir jedenfalls machen das jetzt. Stehen auf, verbeugen uns, applaudieren euch und uns. Mehrfach. Abgang. Ende 2020.


Du suchst einen Sparringspartner für einen komplexen Workshop, schwierige Akteurskonstellationen oder kommst in deinem Transformationsprozess nicht weiter?

Schreibe uns gern eine Mail, wenn du bei einem Vorhaben eine zweite Meinung, einen kritischen Blick oder neue Impulse benötigst. Und wie immer freuen wir uns auch über Feedback zu diesem Newsletter. 

Danke fürs Lesen und Deine Zeit.

Beste Grüße und einen schönen Tag,
Dirk, Jörg und Valentin

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