Modelle & Prozesse

Sanfte Radikalität, Umsetzungssog und Lösungslust

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High Five

Lesedauer 2 Minuten

“Gemeinsam Organisationen bewegen.” So lautet der Titel unseres Blogs. Für neue Auftraggeber*innen versuchen wir den Wertbeitrag unserer Arbeit als ein Momentum für neues Denken und Handeln zu beschreiben. Es ist uns wichtig, dass sowohl geträumt als auch gehandelt, groß gedacht und konkret losgemacht wird. Unsere Begleitung ist immer auch darauf angelegt, in die kritischen Auseinandersetzungen der relevanten Akteure zu gehen, ein gemeinsames vorne in der Zukunft herauszuschälen und konkrete erste Schritte zu initiieren.

Jagoda Marinic (*) hat jetzt in einem Interview mit der taz zu ihrem neuen Buch vieles davon auf ganz tolle Art und Weise formuliert und weitergedacht. Sie beschreibt darin ihr Konzept “sanfte Radikalität” und ihre Erfahrungen bei der Etablierung und Leitung des interkulturellen Zentrums der Stadt Heidelberg. 

Sie definiert sanfte Radikalität über das Spannungsverhältnis von Vision und Umsetzung.

“Sanfte Radikalität bedeutet, dass man eine Vision für die Gesellschaft hat und erstmal eine Skulptur baut. Man könnte auch soziale Plastik sagen, wie Beuys. Bei der Realisierung wird die Figur natürlich abgeschliffen, Menschen agieren anders als geplant, aber ich lasse nie ganz von meiner Idee ab.”

Spannend ist aber auch etwas anderes, das wir in Transformationsprozessen häufig beobachten: der Umsetzungssog.

“Sowohl ich, als auch die im Projekt Engagierten kamen in den Umsetzungssog, weil Gelingen sich potenziert. Ich habe es mir neurowissenschaftlich erklärt. Wenn man sich mit dem Gelingen beschäftigt und eine sinnliche Erfahrung dahingehend macht, kommt Lösungslust auf. Das ist doch auch das Versprechen der Demokratie: Die Erfahrung von Lösungslust muss möglich sein, nicht nur Stagnation.” 

Zum Schluss teilt sie noch eine wichtige Diskursstrategie, die sowohl für organisationale Transformationsprozesse als auch für die aktuellen politischen Debatten interessant ist: 

“Nutze ich meine Gegenrede, um die Argumente des Gegners zu entkräften, wofür ich sie wiederholen muss. Oder nutze ich sie, um eine ganz andere Idee anzubieten, die mich näher an die Lösung bringt, die ich gesellschaftlich gewinnbringender fände? Alle, die im öffentlichen Raum sprechen, sollten das mal überprüfen: Trage ich gerade bei zur Lösung oder mache ich nur die Gegenrede und stärke damit die Rede des Gegners? … In Heidelberg habe ich damals gesagt, ich werde nicht über die Defizite der Migration reden, sondern über die Ressourcen, die sie in unsere Stadt bringt.” 

Mit diesen frisch geschärften Gedanken wenden wir uns wieder unseren Workshops und Beratungsprojekten zu. Zum Erntedankfest gibt es dieses Mal 5+1 Inspirationen aus unserer Arbeit inklusive eines Tipps zu Launchpartys des Buches „Klimaangst und Wandelmut“ von Lena Hällmayer in Hamburg am 21.11. im Eeden – treffen wir uns da


* Es lohnt sich natürlich auch den Podcast „Freiheit Deluxe“ von Jagoda Marinic zu hören. 

Dieser Artikel ist Teil des Newsletters High Five #41.

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