Material & Räume

Räume anders nutzen und gestalten für Workshops

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Valentin Heyde

Lesedauer 5 Minuten

Um den Workshop-Inhalten und beteiligten Köpfen mehr Luft zu bieten, hilft es, die Räume zu verändern und sie anders als gewohnt zu nutzen. Mit Bruch von gewohnten Materialien, mit dem Wunsch, gewohnte Standards zu verlassen. Warum und weshalb und wie? Dazu ein paar Gedanken und ein Beispiel.

Workshops brauchen Luft zum Atmen.

Wie gut gute Räume für gute Workshops sind, haben wir hier schon ziemlich oft gesagt. Gedanken brauchen Platz, Strategien Luft, Innovationsideen ein wenig Sonnenlicht. Alles wird fruchtbarer, wenn wir aus dem zahnradgetriebenen Alltag ausbrechen, in dem das operative Geschäft jedweden Weitblick in seinen Schlund saugt und unten höchstens noch ein paar vermahlene Brösel herausfallen lässt.

Die Lähmung lauert im eigenen Standard.

Der Ausbruch aus dem Alltag macht dann Sinn, wenn nicht Alltägliches auf der Agenda steht. Etwa die Strategie für die kommenden Jahre oder ein Offsite-Workshop zur Team-Organisation. Was dabei der zu brechende Alltag ist, ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Für manche Corporates gilt, das die Powerpoint-Präsentation das Äquivalent zum standardbestuhlten Konferenzraum im Unternehmenshauptsitz ist. Es ist gewohnt, abgedroschen, abgenutzt. Gelernt und vertraut zwar. Aber für dieses Unternehmen nicht gerade das beste Setting, um mit einer Workshop-Gruppe wirklich Neuem Raum zu geben.

In diesem Falle können Post-Its und Moderationspinnwand schon eine hilfreiche Abwechslung sein. Für andere Kunden kann aber genau das wiederum schon Standard sein und viel zu sehr gewohnt, da heißt es dann schon in der Vorbereitung (Originalzitat): „Und kommen Sie uns bloß nicht mit einem Dot-Voting. Dann rennen hier alle schreiend raus.“

Die Umnutzung und Umgestaltung von Räumen

Schon bei der Raumauswahl ermutigen ich Kunden, die gewohnten Räume und Nutzungsmuster zu verlassen. Folgen sie der Empfehlung, bin ich, sind wir oft mit Räumen konfrontiert, die wir unseren Bedürfnissen anpassen müssen, weil es dort eben keine Moderations-Pinboards gibt oder nicht einmal nutzbare Wände. Präferiert der Kunde wiederum einen Workshop in den eigenen vier Wänden, ist es unsere Aufgabe, schon bei der Raumgestaltung die gewohnten Arbeits-Settings zu brechen. Beamer wegräumen ist da ein erster Schritt. Tische umstellen ein weiterer. Manchmal hilft aber auch ein anderer Blick auf die zur Verfügung stehenden Räume. Da sagt der Kunde „das hier ist unser Konfi“ und ich sage „schön, aber der Raum dort neben dem Heizungskeller ist vielleicht viel besser geeignet“.

Die Rolle als Workshop-Regisseur und Bühnenbildner

Bei einem idealen Workshop sind wir so nicht nur Moderatoren, sondern Location-Scouts, Regisseure und Bühnenbildner. Mir selbst hilft es dabei, in Fotos zu denken. Und in Teilnehmer-Perspektiven. Wie wird es sich anfühlen, bei Gruppenarbeit XY an diesem Ort zu sitzen? Wie werde ich als Teilnehmer die Präsentation der Ergebnisse erleben? Wie wird es aussehen, wenn ein Teilnehmer zum Zeitpunkt T ein Foto macht? Wie wird sich der Raum mit Papier füllen? In den Anfängen meiner Workshop-Leitung habe ich diese ganzen Dinge eher intuitiv eingesetzt. Über das Feedback und die eigene Erfahrung wurde mir über die Jahre aber immer bewusster, welchen Stellenwert der Raum und die sichtbare Entfaltung des Workshops darin haben.

»Als Workshop-Leiter sind wir auch als Location-Scouts und Bühnenbildner gefragt.« Klick um zu Tweeten

Das können Kleinigkeiten sein. Ich erinnere mich zum Beispiel, wie Anna Lena Schiller uns in ihrem „Visual Thinking Workshop“ bat, einfach alle Zwischenergebnisse vom Pult hinab in die Mitte zu schleudern. Bevor da jemand eine lange Studie zu macht: Ja, ich denke, das hat eine unterschwellige Auswirkung darauf, dass ich mein Gemaltes nicht zu ernst nehme und mich mehr traue. Gleichzeitig zeigt es, „Wow, da haben wir ganz schön was geschafft“. Und nicht zuletzt sieht es einfach ungemein kreativ aus:

workshop-material

(übrigens: am 30. und 31. März bietet Anna Lena Schiller wieder einen Workshop an)

Am Beispiel: Aufbrechen des gegebenen Hotel-Raumes

Ein gutes Beispiel dafür hatten wir Anfang dieses Jahres im Rahmen eines zweitägigen Team-Offsites mit der Service-Design-Beratung si-labs aus Berlin. Das Offsite fand in Barcelona statt – verständlicherweise konnten wir die Location also nicht vorab besuchen: So mussten Fotos als Grundlage für das Konzept zur räumlichen Nutzung ausreichen.

Das hier sollte der Raum für den Workshop mit 25 Teilnehmern sein:

pop-up-workshop-location

Es ist die Bibliothek des H10 Metropolitan. Das Hotel liefert mit zentraler Lage , unfassbarem Frühstücksangebot und weit über Standard liegendem Catering ein paar Zutaten, die jedem Team-Workshop gut tun. So schön jedoch die Bibliothek aussieht, sie hat erstmal keinerlei Standards für einen Workshop – abgesehen von einer herunterfahrbaren Beamer-Leinwand. Die Wände sind kaum nutzbar, weil überall etwas hängt und für raumgreifende Sessions stehen ganz schön viele Möbel im Weg.

Während unseres Workshops sah es dann unter anderem so aus:

pop-up-workshop-location

Irgendwann waren alle Regale mit Papier überklebt. An den Wänden hingen zwischen den ganzen Bilderrahmen unsere Meta-Tools wie Agenda und Working-Agreements in Abmessungen, die wir vorab anhand der Fotos der Hotel-Website geschätzt und produziert haben. Dann sah es aber auch so aus:

team-workshop

Denn zur breiten Nutzung des Raumes gehört es für uns auch, raumgreifende Übungen einzubauen und für Bewegung zu sorgen. Haben Materialüberwucherung und Raum-Umnutzung erstmal Fahrt aufgenommen, entfaltet so eine „Pop-Up-Workshop-Location“ meist erst so richtig ihr Potential. Da wird – wie hier – plötzlich in der eigentlich gar nicht gebuchten Lobby mit Lego gearbeitet:

team-workshop

Oder Teilnehmer und Moderatoren entdecken spontan, dass es noch viel bessere Ausweich- und Abwechslungsorte für Workshop-Sessions gibt. Wie hier am Hotel-Pool:

workshop-improvisation

Diese umfassende Nutzung der Räume und der Bruch mit allzu gewohnten Materialien und Abläufen leisten einen erheblichen Beitrag zur Dynamik, die sich in einem Workshop entwickelt. Wir räumen Materialgestaltung und Raumnutzung darum einen wachsenden Teil unserer Vorbereitung ein.

Enden möchte ich mit einem ganz kleinen, pragmatischen Material-Tipp – der aber nicht zu unterschätzen ist. Es gibt durchaus Hotelmitarbeiter oder Facility-Manager, die sehr, sehr kritisch gucken, wenn wir das erste Poster mit Klebestreifen an die von einem Innenarchitekten handgeschöpfte Papiertapete kleben. In diesem Moment kann sich entscheiden, ob die Wandnutzung entgegen des Plans ausfallen muss. Neben charmanten Worten kann da auch das richtige Werkzeug helfen. Ersteres kann man lernen, letzteres kann man kaufen: Tesa Maler-Krepp Precision Sensitive.

tesa precision sensitive

So hängen große und wichtige Themen wie Agenda und Workshop-Dynamik manchmal mit ganz kleinen, praktischen Dingen wie einem super-sensiblen Klebeband zusammen. Von Zeit zu Zeit wollen wir an dieser Stelle darüber berichten – sowohl kleinteilig, wenn es um einzelne Materialien geht, als auch im größeren Zusammenhang, bei der Gestaltung ganzer Räume.

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