High Five #32: Von erwärmenden Szenario-Spielchen und erlaufenen Zukünfte-Karten

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High Five

Lesedauer 4 Minuten

Hallo zusammen,

ob in Strategie-Offsites, im Rahmen von (Unternehmens)-Konferenzen, in Transformation Circles oder in der Begleitung von Transformationsprozessen: Die Exploration plausibler Zukünfte und die Erarbeitung von Visionen ist fester Teil unserer Arbeit. Wir suchen dabei nach Tools, die spielerisch und/oder haptisch sind und so besondere Zukünfte-Erlebnisse schaffen. 

In dieser High-Five-Ausgabe soll es in Ergänzung zum Artikel „Futures Thinking in Action“ und den vielen Einzelbeiträgen der vergangenen Jahre um weitere spielerisch-erlebnisorientierte Facilitation-Ansätze aus dem Bereich Futures Thinking gehen. Die Bilder sind aus einem Methoden-Experiment im Zwischenraum von Soziodrama und Social Presencing Theater entstanden, zu dem auch die Zukünfte-Beiräte gehören. Danke an das Team Wandel der Hamburger Hochbahn. 

Seid herzlich gegrüßt,

Dirk, Jörg und Valentin


1. Warm-Ups: wann beginnt die Zukunft?

Die Game-Designerin und Zukunftsforscherin Jane McGonigal inspiriert uns schon lange. Gerade liegt ihr aktuelles Buch „Imaginable“ oben auf dem Sommerbücherstapel. Die erste Warm-Up-Übung haben wir bereits verprobt und für toll befunden. Es geht um die Frage „wann beginnt die Zukunft von xy?“, bzw. leicht adaptiert: „Wann wird die Transformation x für dich erstmals erlebbar?“

Teilnehmer*innen schreiben verdeckt eine konkrete Zahl auf eine Haftnotiz (z.B. in drei Monaten). Anschließend positionieren sie sich aktionssoziometrisch auf einem Zeitstrahl. Über Intervieweinstiege an den Polen werden die Teilnehmer*innen fürs Thema, Verläufe und zukünftige Ereignisse warm gemacht. 

Auf der Republica haben Mushon Zer-Aviv und Maya van Leemput ein weiteres Zukünfte-Warm-Up von Jane McGonigal adaptiert: „100 Ways Anything could be Different in the Futue“. Dieser Artikel hat uns zu dieser Kachel inspiriert. 


2. Science-Fiction-Storys und Zukunftsbilder: Lernen von Picard & Leia

„All Organizing is Science Fiction“ (Adrienne Maree Brown)

Aber Science-Fiction ist auch reich an Ideen alternativen Organisierens. Daher lässt sich Science-Fiction wunderbar in Transformations- und Strategie-Vorhaben einsetzen. Bei der Kuration von Speaker*innen für eine Unternehmenskonferenz sind wir auf Dr. Isabella Hermann gestoßen. In ihren Vorträgen und Workshops analysiert Isabella SF-Klassiker z.B. in Hinblick auf das Thema Leadership. Wie führen Darth Vader, Yoda oder Leia Organa? Welche Organisationsstrukturen haben das Imperium, die Jedi bzw. der Widerstand? Inwiefern ähneln oder unterscheiden sich diese Führungsstile vom Führungsverhalten in heutigen Organisationen, inwiefern ähneln und unterscheiden sich die Strukturen? Und was lässt sich daraus lernen und verändern? Apropos Sommerleseliste: Just erschienen ist Isabella Hermanns Buch “Science Fiction zur Einführung”.

Ganz ähnlich lässt sich mit Zukunftsbildern arbeiten. Aktuell erscheint das Buch „Zukunftsbilder 2045“ über Reinventing Society. Das Buch ist das Ergebnis einer Crowdfunding-Kampagne, die wir im letzten Jahr unterstützt haben. Es juckt uns in den Fingern im Herbst einen sogenannten Zukunftssalon dazu anzubieten und solche Bilder als Ausgangspunkt für die Exploration mit Aktionsmethoden wie Soziodrama oder Social Presencing Theater zu nutzen.

Wenn es um die Entwicklung von Welten und deren Visualisierungen geht, wird Künstliche Intelligenz eine zentrale Größe. In diesem LinkedIn-Beitrag zeigt Rory Flynn wie er ein fiktives Dschungel-Luxushotel mit Hilfe von ChatGPT4 und Midjourney gestaltet hat. Solche künstlich generierten Welten lassen sich wie Science-Fiction und Zukünftebilder in Workshops nutzen und mit Aktionsmethoden erlebbar machen.


3. Kartendeck: Szenario-Personas

Auch im Feld der spielerisch-szenischen Beschäftigung mit Zukünften erfreuen sich Kartensets großer Beliebtheit. Gerade erreichte uns das “Design Fiction Kit”, und vor längerer Zeit haben wir schon mal The Thing from the Future und die Instant Archetypes Karten von Superflux vorgestellt.

Die Zukünfteforscher*innen Friederike Riemers und Felix Wieduwilt bereiten gerade eine Kickstarter-Kampagne für die “Scenona Cards” vor. Darin finden sich 50 Karten mit fiktiven Szenario-Personas. Diese Personas bietet konkrete Einstiegspunkte in plausible Zukünfte und machen diese erlebbar. Als Ambassadors freuen wir uns, die Crowdfunding-Kampagne mit zu unterstützen. Die Kampagne startet am 12. September. Reizvoll wäre es auch, diese Personas als Ausgangspunkt einer soziodramatischen Exploration zu nutzen.


4. Brettspiel: Scenario Exploration Simulation

Wer Szenarien nicht über Aktionsmethoden oder Kartenspiele, aber dennoch spielerisch erkunden will, sollte einen Blick auf das „Scenario Exploration System“ werfen. In einer Gesellschafts-Brettspiellogik agieren Teilnehmer*innen als fiktive Akteur*innen in einem selbstdefinierten Szenario. Über verschiedene Runden wird der Verlauf der Szenarien über die verschiedenen Aktivitäten der Akteure simuliert. Die Herangehensweise ähnelt stark den sogenannten Matrixgames oder Wargames, die in Organisationen bei sehr großen und gewichtigen Entscheidungen gern genutzt werden (neue Markteinführungen, Übernahmen, …). Leider kann man mit dem SES nur ein Szenario zur Zeit erkunden und es dauert relativ lange bis man 3-5 Szenarien durchgespielt hat. Der Text und das Video von Alex Fergnani geben einen guten Überblick und stellen auch das Polak-Game und das Sakar-Game vor. Das UN Global Pulse Strategic Foresight Project bietet neben der Toolbox auch einen praktischen Case als Demonstration. Wie lange Brettspiele bereots im Bereich Futures Thinking eingesetzt werden, zeigt dieser tolle Beitrag von Scott Smith


5. Walk & Talk: Zukünfte erlaufen

Beim Schreiben dieser Ausgabe ist uns Randy Lubin begegnet, der sehr umtriebig im Kontext von Foresight Games ist. Passend zu unserer wachsenden Begeisterung fürs Arbeiten im Freien ist sein Spaziergang-Konzept Walking the Future. Eine kleine Gruppe geht durch ein Stadtviertel und exploriert beim Spazieren und an 5-7 Haltepunkten mögliche Zukünfte der Nachbarschaft. Jeder der Haltepunkte liegt fünf Jahre weiter in der Zukunft. Zudem gibt es an den Haltepunkten noch ein paar Prompts und jede*r Teilnehmer*in teilt ein Kurzszenario (Vignette). Es wäre auch spannend, das Onsite in einer Organisation zu machen durch die Flure, Hallen und Räume zu laufen und dabei Schritt für Schritt in die Zukunft zu gehen. 

Solche Zukünfte-Spaziergänge lassen sich bestimmt auch gut mit Achtsamkeitspraktiken wie z.B. Navigating a Shifting World aus dem Emergence Magazine kombinieren und vertiefen. 


Team-Entwicklung mit Soziodrama x Social Presencing Theater

Im Frühjahr haben wir ein Team gesucht, um zu erkunden, wie sich die Aktionsmethoden Soziodrama und Social Presencing Theater (SPT) kombinieren lassen. Tollerweise konnten wir unsere Ideen mit dem Change-Team der Hamburger Hochbahn rund um Christian Langrock verproben. Mit einem soziodramatisch erweiterten Village (SPT) haben wir auf Teaminterne-Konstellationen und die Außenperspektive auf das Team geschaut. Mithilfe eines soziodramatisch erweiterten Seed Dances (SPT) haben wir die Visionen für das Team erkundet.

Wenn du mit deinem Team auch Interesse an einer Session auf Basis von Soziodrama und SPT interessiert bist, freuen wir uns über deine Kontaktaufnahme.

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