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Meetings, Trainings und Workshops verbessern?

Meetings, Trainings, Workshops verbessern

Vier Ansatzpunkte, um besser zusammenzuarbeiten.

Meetings, Trainings und Workshops waren für mich bislang getrennte Welten: Operativ vs. strategisch vs. individuell. Trotzdem hängen diese Sitzungskulturen enger zusammen, als mir das bewusst ist. Ich habe festgestellt, dass sich bei der Gestaltung viel von der einen auf die andere Besprechungsform übertragen lässt. Mit diesem Artikel will ich zunächst die drei Formen auseinanderklamüsern und dann einen explorativen Ausblick geben. Dieser kann Dir helfen, Deine eigenen Meetings, Trainings oder Workshops zu verbessern. Dieser Beitrag ist zudem das Follow-Up zu „Team oder Gruppe?„.

Meetings: „Wo stehen wir und wer macht was“

Meeting, das (Substantiv, Neutrum): meist sinn- und ergebnisloses Herumsitzen zum Verwalten der Verhältnisse, erzielt kaum Verhaltensänderungen, die Teilnehmer verharren häufig in ihren Komfortzonen, vgl. auch –> Ineffizienz, –> Pflichtanwesenheit, –> Zeitverschwendung

Meetings nehme ich als stark operativ ausgerichtete Besprechungen wahr. Ich denke hier vorrangig an regelmäßige Treffen und Status-Updates. Man kommt zusammen, um zu entscheiden, sich zu koordinieren und in Kenntnis zu setzen. Die Teilnehmer spielen gern „Death by Powerpoint“ oder „Bullshit-Bingo“ zum Zeitvertreib. Denn Meetings sind häufig eine Pflichtveranstaltung. Diese Sitzungen werden fast nie extern moderiert, sondern von Führungskräften oder Teams selbst durchgeführt. Und manchmal scheint auch niemand die Gesprächsleitung innezuhaben.

In hierarchischen Organisationen steuern Vorgesetzte ihre Mitarbeiter und Teams über Meetings. So verbringen Top-Führungskräfte heute 90% ihrer Zeit in Meetings, das mittlere Management 60% (“Das große BlaBla”). Wie jüngst in dem wunderbaren Titel “Strategisch ausspannen” in der Brand Eins beschrieben, werden Meetings als extrem langweilig, zeitverschwendend und ergebnisarm wahrgenommen.

Allenthalben höre ich, wie schlecht die Meeting-Disziplin sei. Start- und Endzeiten würden nicht eingehalten. Und auch die angesetzte Dauer ist ein überoptimistischer Schätzwert. 40% schlafen hin und wieder in Meetings, und 75% arbeiten parallel an anderen Aufgaben. Ich selbst mache die Erfahrung, dass sich die Lauten und Starken mit ihrer vermeintlichen Expertise in Szene setzen und das Sagen an sich reissen. Und überhaupt versammeln sich tendenziell zu viele um die ausgelegten Kekse. So zeigen Untersuchungen, dass die Meeting-Produktivität bei fünf Teilnehmern optimal ist. Ansonsten gilt die „Rule of 7“: „For every individual you add to a group beyond seven, decision effectiveness declines by 10%.“ Klassische Meetings gelten daher als Produktivitätskiller.

Kill an idea meeting

Quelle: http://www.jakeludens.com/1225817656.html

Agile und dynamisch orientierte Unternehmen versuchen Meeting-Zeiten und Anlässe zu minimieren. Die Treffen sind deutlich kürzer. Sie finden teilweise im Stehen statt wie z.B. das tägliche Stand-Up-Meeting. Sie sind freiwillig, um keine sogenannten Prisoner dabeizuhaben, die keinen konstruktiven Beitrag leisten können oder wollen.

Training: „Was kannst Du tun?“

Training, das (Substantiv, Neutrum): außerplanmäßige Veranstaltung zur Änderung von Verhalten, vgl. auch –> Fähigkeitsvermehrung, –> Kompetenzgewinn, –> Lernerfolg

Mitarbeiter sollen oder wollen sich weiterbilden und entwickeln. Sie besuchen Trainings oder werden zu Weiterbildungen geschickt. Unternehmen wollen oder müssen  Kompetenzen und Know-How der Mitarbeiter anpassen und gründen Campus, Akademien oder Qualifizierungsprogramme. Es gibt externe und/oder interne TrainerInnen, die/der ein bestimmtes Thema vermittelt und dafür unterschiedliche Lehr- und Lernmethoden einsetzt. Ich bin selbst immer mal wieder als Trainer aktiv. Aktuell z.B. über unsere Workshop-Workshops in Hamburg und in Bremen. An der Good School bin ich ab und an als Lehrer für das Thema “Zukunftsfähigkeit – wie man das Neue in die Welt bringt” tätig.

Trainings und Workshops können sich von den Methoden, Ablauf und der Dramaturgie stark ähneln, allerdings gibt es einige zentrale Unterschiede. In Trainings werden individuelle Ergebnisse entwickelt, Tools ausprobiert und neue Verhaltensweise „geübt“. Es kommen mehr spielerische Herangehensweisen, Checklisten zur Selbstüberprüfung, simulative Rollenspiele und praktische Anwendungen zum Einsatz. Es kommen Fragen wie “Was machst Du ab morgen anders?” “Woran erkennst Du, dass sich XY verbessert hat?” “Welche konkreten Fälle gibt es, wo Du XY ausprobieren und anwenden kannst?”

In Trainings hatte ich auch schon mal die erwähnten Prisoner an Bord, also Teilnehmer, die geschickt wurden und nicht aus freien Stücken da waren. Eine gute TrainerIn motiviert auch diese Teilnehmer. Ich habe damit so meine Schwierigkeiten. Ich will mit Leuten arbeiten, die wollen. Von daher versuche ich im Vorfeld darauf hinzuwirken, dass Prisoner gar nicht erst teilnehmen. Oder ich konzentriere mich darauf, die Wollenden voranzubringen, statt mich an Blockierern abzuarbeiten. Schwierig werden Trainings auch dann, wenn zu viele Teilnehmer zusammenkommen (ab 13 Personen pro TrainerIn), die Erwartungen und Vor-Erfahrungen zu stark auseinandergehen oder die Lernziele nicht klar sind. Oder wenn stark auf Wissensvermittlung gesetzt wird und zu wenig Raum für das Einüben und Ausprobieren neuer Handlungen und Werkzeuge zur Verfügung steht. Schwierig wird es auch, wenn das neue Verhalten im krassen Gegensatz zu den Unternehmensverhältnissen steht oder das Unternehmen versucht, strukturelle Probleme über individuelle Trainings zu lösen.

CEO x CFO

Quelle: http://www.commonplaces.com/blog/encouraging-professional-development/

Workshop: „Was müssen, sollten oder könnten wir tun?“

Workshop, der (Substantiv, Maskulinum): außerplanmäßige Zusammenkunft, um die Verhältnisse zu verändern, vgl. auch –> Aufbruchsstimmung, –> Gestaltungswille, –> Veränderungsdruck

Workshops dagegen haben die Aufgabe, die Themen voranzubringen, die in Meetings und im Alltag hinten rüberfallen und die die Mitwirkung oder Zustimmung unterschiedlicher Mitspieler erfordert. In meinen Workshops kommen meist Menschen zusammen, die in dieser Konstellation sonst nicht zusammenarbeiten. Sie sind da, um ein gemeinsames Verständnis oder einen Zusammenhalt zu erzeugen, mögliche Neuausrichtungen anzudenken und gemeinsame Pilotprojekte zu bestimmen. In Workshops geht es in der Regel auch um gemeinsame Entscheidungen, die Klärung von offenen Fragen und latenten Konflikten.

Als Moderator sind Workshops mein Daily-Business. Aber für meine Auftraggeber sind sie etwas Seltenes. Das sage ich manchmal auch meinen Kunden: “Mein Tagesgeschäft ist das, was bei Euch im Alltag zu kurz kommt.” Dementsprechend sind die Anlässe für Workshops auch gar nicht so häufig. Ich habe in der Grafik unten mal die vier zentralen Workshop-Anlässe aufgemalt, die mir so begegnet sind.

Vier Workshop-Anlässe

Da solche Workshops im Tagesgeschäft die große Ausnahme darstellen, ist die gemeinsame Zeit im Workshop knapp und kostbar. Wir plädieren daher immer für eine intensive Vorbereitung (u.a. durch Vorabinterviews mit ausgewählten Teilnehmern) und kleinteiliges Vordenken von Konsequenzen und Alternativen, um die gemeinsame Zeit möglichst gewinnbringend zu nutzen. In Workshops habe ich es selten erlebt, dass Teilnehmer nicht aus freien Stücken anwesend waren. Aber das forciere ich auch. Ich versuche vor dem Workshop mit der/dem AuftraggeberIn darauf zu achten, dass niemand aus rein innenpolitischen Gründen eingeladen wird, sondern dass alle bereit, willens und fähig sind, etwas beizutragen. Trotzdem taucht in meinen Workshops manchmal die Problematik auf, dass Teilnehmer unterwegs wegbrechen, weil es zu kompliziert oder detailliert wird oder zusätzliche Arbeit erzeugt. Hier bin ich als Moderator besonders gefragt und muss mich entscheiden, ob ich mit wenigen ein Thema voranbringe oder versuche, die verloren gegangenen Seelen wieder einzusammeln.

Die Schwierigkeiten von Workshops sehe ich vor allem darin, wenn zu viel Zeit auf die inhaltliche Exploration verwendet wird und zu wenig Zeit für die Handlungsebene bleibt. Spannend ist hier auch die Problematik, dass sich die Teilnehmer bei der Verteilung von Aufgaben übernehmen. In der Konsequenz wird nichts umgesetzt und die Ergebnisse verpuffen. Bei Workshops versuche ich circa ein Drittel der Zeit für die Konkretisierung und das Action Planning zu behalten. Außerdem empfiehlt sich eine kritische Reflexion mit den Teilnehmern, inwiefern die gewählte Aufgabenverteilung auch realistisch machbar ist.

Als hochkomprimierte Fassung könnte man sagen: Trainings zielen auf die Veränderung von Verhalten, Workshops auf die Veränderung der Verhältnisse und Meetings auf das Verwalten von Verhalten und Verhältnissen.

Meeting Training Workshop
kollektives Verwalten individuelles Verhalten kollektives Verhalten
operative Aufgaben koordinieren individuelle Kompetenzen erweitern strategische Themen voranbringen
regelmäßige Sitzungen punktuelle Lerneinheiten außerplanmäßige Arbeitstreffen
durch Führungskraft geleitet durch TrainerIn geleitet durch ModeratorIn geleitet
interner Konferenzraum Seminarraum externe Location

Vier Ideen wie Du Deine Meetings, Trainings oder Workshops verbessern kannst

1. Was wäre, wenn in Meetings auch die Leisen zu Wort kämen, Meetings einen individuellen Nutzen für alle Teilnehmer hätten und grundsätzlich vorbereitet wären?

Der Meetingleiter nutzt Blitzlichtrunden oder Kartenfragen. Im Zentrum der Sitzung steht der Informations- und Wissensaustausch und nicht eine Entscheidung. Denn entschieden wird hinterher (Konsultativer Einzelentscheid). Ein Meeting wird von denen einberufen, die Informationen oder Einschätzungen von anderen brauchen und ist kein fester Block im Terminkalender. Es kommt nur, wer will, Zeit hat und sich vorbereitet (s. auch Kompleximeetings von Niels Pfläging und Silke Hermann). Ähnlich dem Flipped Classroom Konzept liest jede eingeladene Person Präsentationen im Vorfeld. Präsentationen im Allgemeinen und Powerpoints im Speziellen werden aus Meetings verbannt. Ein Teilnehmer konzentriert sich auf die Gesprächsführung und ist Meeting Owner. Das nächste Meeting wird von einer anderen Person vorbereitet und geleitet.

2. Was wäre, wenn Meetings und Workshops stärker auf Rollenspiele und simulative Ansätze setzen würden?

Meeting- und Workshop-Teilnehmer nehmen verschiedene Rollen ein und simulieren eine Situation, während andere das Spiel beobachten. Wie beim Business Wargaming spielt man das Verhalten externer Stakeholder und interner Akteure durch und versteht besser, wie wer wohl reagieren mag. Oder man weist Teilnehmern einer Session spezifische Rollen wie den Advocatus Diaboli, den Macher, den Visionär oder den stillen Beobachter zu (Walt Disney Methode). So entsteht ein breiteres Bild und es wird weniger abstrakt über Themen diskutiert.

3. Was wäre, wenn Workshops regelmäßiger und nicht nur in Ausnahmesituationen stattfinden würden?

Wichtige und strategische Fragen werden gezielt aus Meetings ausgeklammert und geworkshoppt! Es gibt Routinen, sich abseits der Dringlichkeit des Tagesgeschäfts immer auch mit den wichtigen Dingen zu beschäftigen und in einer inspirierenden Location außerhalb des eigenen Unternehmens zu arbeiten. Allein diese Routinen helfen, Workshops zu verbessern.

4. Was wäre, wenn es statt aufwändiger Trainings regelmäßig viele kleinere Formate gäbe, um neue Tools zu lernen und sich weiterzubilden?

Es gibt wöchentliche Micro-Trainings oder wie bei SAP gemeinsame Sessions, in denen Mitarbeiter neue Methoden anwenden (z.B. beim Method-Monday), sich beim Lunch gegenseitig „aufschlauen“, bei aktuellen Projekten helfen (Brown-Bag-Meetings) oder sich gegenseitiges Sparring in Form kollegialer Beratung geben. Oder man lässt die Woche gemeinsam kreativ ausklingen wie beim Foursquare Creative Friday.

Mit welchen aktuellen Schwierigkeiten in Meetings, Trainings oder Workshops schlägst Du Dich herum?

Welche anderen Ansätze kennt oder nutzt Ihr, um Meetings, Trainings oder Workshops zu verbessern? Wir sind gespannt.

Weitere spannende Artikel dazu findet Ihr hier:

„Meetings that don´t suck – Break free from the tyranny of the conference room“

„Uncover The Secrets Of Moving Meetings from Pointless To Great

„Running effective meetings – 70 actions to improve your performance & productivity“

„What will events look like in 2050?“

 

 

Jörg Jelden

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  1. Pingback: #49 | Katrin Schwahlen

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