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Unternehmenskultur gestalten

Organisationskultur

Organisations- oder Unternehmenskultur ist ein schwieriger Begriff: einerseits allgegenwärtiges Buzzword, andererseits unscharf und schwer zu greifen. Und schwer zu gestalten. Wie sagte der amerikanische Ökonom und Managementberater Peter Drucker so schön: “Culture eats strategy for breakfast.” Ende Juni hatte ich das Vergnügen, die Metaplan Summer School zum Thema „Organisationskulturen beeinflussen“ zu besuchen. Drei Tage im beschaulichen Quickborn. Drei Tage Inspiration für die tägliche Beratungs- und Moderationspraxis. Drei Tage reinste intellektuelle Kraftnahrung. Ich sage nur: „nicht entschiedene Entscheidungsprämissen“. Ein kleiner Erfahrungsbericht mit meinen wichtigsten Erkenntnissen – sofern man ein 30 Stunden-Seminar überhaupt auf ca. 15 Minuten Lesezeit reduzieren kann. Und am Ende gibt´s einen besonderen Rabatt, also dranbleiben.

Vom Betriebsklima zur Unternehmenskultur

„Organisationskultur“ (oder spezifischer: „Unternehmenskultur“) ist ein relativ junger Begriff. Aber das, was damit beschrieben wird, hat schon vorher existiert, nur eben unter einem anderen Label wie z.B. Betriebsklima oder Arbeitsatmosphäre. Entstanden sind diese Theorien und Management-Ansätze als Gegenbewegung zum Taylorismus: Nicht nur die Effizienz der Arbeitsprozesse ist entscheidend, auch der „Wohlfühlfaktor Arbeitsplatz“ hat großen Einfluss auf die Produktivität und Effizienz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Als Anwendungs- und Forschungsfeld wurde „Organisationskultur“ in den 1980er im Zuge der Corporate-Culture-Diskussionen populär, getrieben durch die Erkenntnis, dass auch „weiche“ Faktoren ein Wettbewerbsvorteil sein können. Seit den 1990er Jahren geistert der Begriff unter dem Mantel „Change Management“ durch einschlägige Literatur und Beratungsansätze. Fest steht: Heute ist das Thema Kultur nicht mehr aus dem Organisationsdiskurs wegzudenken. Es gibt einen breiten Konsens über die Bedeutung eines guten Betriebsklimas für Motivation, Produktivität und Arbeitgeber-Image. Einige Unternehmen versuchen, diese weiche Seite der Organisation formal zu implementieren – erkennbar an Job-Descriptions wie „Feel-Good-Manager“, „Culture Evangelist“, „Chief Happiness Officer” oder „Chief Culture Officer”. Derlei Positionen gibt es nicht nur in amerikanischen Unternehmen wie Google oder Zappos, sie sind auch hierzulande in Firmen wie Spreadshirt, Jimdo, Wooga, Goodgame, Dark Horse, Robinizers, oder Spotify zu finden. Mittlerweile gibt es sogar anerkannte Weiterbildungen zum Feel-Good-Manager.

Unternehmenskultur: So machen wir das eben

Für mich ist der Begriff Unternehmenskultur ein leerer Container: jeder benutzt ihn, jeder bezieht sich dabei auf etwas anderes. Aber keiner kann präzise formulieren, was genau damit gemeint ist. In der Wissenschaft ist das nicht unbedingt anders. Am schönsten finde ich die Definition von Terrence Deal und Allan Kennedy: Sie beschreiben Organisationskultur als „the way things get done around here.“ Diese Definition ist eingängig, eben weil sie so groß ist. Wenn ich mir andere Definitionen ansehe, beschreiben sie zwar das Phänomen, lassen mich aber auch irgendwie unwohl zurück. Ob von einem „Muster aus geteilten Grundannahmen“ (Schein, 1992) die Rede ist, vom „impliziten Bewusstsein einer Organisation“ (Scholz, 1987), von der „Gesamtheit von geteilten Werten, Normen und Denkhaltungen“ (Kobi/ Wüthrich, 1986) oder vom „Klebstoff, der eine Organisation zusammenhält“ (Siehl/ Martin, 1984); alle Definitionen haben irgendwie einen Stolperstein. (Apropos Stolperstein: Ich verwende in diesem Artikel die Begriffe Organisationskultur und Unternehmenskultur synonym, weil ich mich überwiegend auf Unternehmen beziehe. Ich weiß aber um die Unterschiede.)

Irgendwas mit Werten

Was Unternehmenskultur ist, ist oft umstritten und nicht eindeutig definiert. Irgendwie geht es immer um Werte (wie z.B. Transparenz, Fairness, Kundenfreundlichkeit), um ein historisch gewachsenes Meinungs- und Normengefüge, um eine gemeinschaftliche Sinnbildung. Aber das Phänomen „Kultur“ ist nie ganz fassbar und lässt sich nicht präzise beschreiben. „Das passt nicht zu unserer Kultur“, „Das ist historisch so gewachsen“ oder „Transparenz ist uns wichtig“ sind gängige Sätze, die man oft hört, die aber auch herrlich unkonkret sind und mehr Fragezeichen aufwerfen, als Erklärungen geben. Kulturthemen werden somit in Unternehmen schnell zu großen, schwer handhabbaren Projekten, die dem „Kulturgestalter“ mit Sicherheit Kopfschmerzen bereiten und bei den „Gestalteten“ Reaktanzen erzeugen. Denn irgendwie ist alles Kultur.

Metaplan macht nun folgenden, sehr smarten Move im Denken. Und der hat es in sich, weil er pragmatisch ist, weil er es erlaubt, das große Thema kleiner zu denken, weil er handlungsfähig macht. Also, kommt kurz mit durch den Dschungel der Theorie und Euch erwartet ein geistig nahrhaftes Picknick auf der Lichtung der Erkenntnis. Hoffentlich.

Unternehmenskultur ist, wenn ....

Kultur gehört zu den Strukturen der Organisation

Im Metaplan-Duktus gehören Organisationskulturen zu den informalen Organisationsstrukturen. Oder, um es noch komplizierter zu machen: sie sind „nicht entschiedene Entscheidungsprämissen“. Ich versuche mal, das zu übersetzen:

Formale Strukturen regeln wie entschieden wird. Sie sind „entschiedene Entscheidungsprämissen“, das heißt: Sie sind keine Einzelfallentscheidungen, sondern eine explizite und formalisierte Basis für zukünftige Entscheidungen. Wenn der Chef festlegt, dass Kundenanfragen immer innerhalb von 30 Minuten beantwortet werden müssen, dann ist (eigentlich) für alle klar, wie sie handeln müssen. Formale Strukturen bieten also Verlässlichkeit und geben Handlungsrahmen vor. Beispielsweise legen Kommunikationswege fest, wo entschieden wird (Hierarchie), mit Regeln, Prozessabläufen oder Strategien wird entscheiden, was jeder Einzelne tun soll und was er nicht darf.

Bei Kulturen ist das anders. Kulturen sind das „Unterleben“ einer Organisation, sie sind das, was unter der Oberfläche abläuft. Kulturen sind Strukturen, die sich eingelebt haben. Obwohl sie nicht durch eine bewusste Entscheidung zustande gekommen sind, sind sie implizites Muster und Grundlage dafür, wie in einer Organisation (informal) gehandelt wird: nicht entschiedene Entscheidungsprämissen eben.

Das ist historisch so gewachsen

Auch, wenn man die Kultur nicht formal einfordern kann („sei gemeinschaftlich, sonst fliegst Du“), wird der Bruch informaler Regeln und Erwartungshaltungen auch sanktioniert: nur eben informal. Dass alle Kollegen gemeinsam zum Mittagstisch gehen, wird in keinem Arbeitsvertrag zu finden sein. Wenn das aber gelebte Kultur ist, sollte sich ein neuer Mitarbeiter an diese informale Regel halten, sonst wird er kaum Anschluss an den Rest der Belegschaft finden. Und wenn der neue Mitarbeiter fragt, warum alle gemeinsam Mittag essen gehen „müssen“, dann bekommt er zu hören: „So ist eben unsere Kultur.“ Oder er wird mit einem Verweis auf die Schauseite des Unternehmens konfrontiert, also dem, wie das Unternehmen von anderen gerne wahrgenommen werden möchte: „Gemeinschaft ist unser wichtigster Wert im Unternehmen. Da gehört gemeinsames Essen dazu.“ Interessant ist, dass man vielleicht noch im Leitbild oder im Company-Values-Dokument nachlesen kann, dass Gemeinschaft eine wichtige Rolle spielt. Aber wahrscheinlich wird nirgendwo schriftlich fixiert worden sein, dass alle Kollegen gemeinsam essen müssen. „Das ist historisch so gewachsen“ heißt in dem Fall eben auch: es wurde nie entschieden, dass es so ist, aber so ist es nun mal.

„Dienst nach Vorschrift“ – oder: Eine Frage der Kultur

Theorie-Overload? Hirnzellenverwirrung? Verloren im Begriffsnebel? Kann ich verstehen. Ging mir auch so. Vielleicht wird es an der Redewendung „Dienst nach Vorschrift machen“ deutlich. Häufig wird diese Floskel als Bedrohung eingesetzt, denn es ist gelernte Praxis, dass „Dienst nach Vorschrift“ einem Tritt auf die Bremse gleichkommt. Im Subtext bedeutet das: wenn ich meinen Arbeitseinsatz runterfahre und nur noch mache, was im Arbeitsvertrag oder im Firmenhandbuch steht, dann gehen hier die Lichter aus. Diese Redewendung lässt sich aber auch positiv betrachten. „Dienst nach Vorschrift“ bedeutet dann: Wir brechen keine Regeln, machen nichts Schaden bringendes oder gar Illegales und halten uns an die Vorschriften. Betrachtet man die „Vorschrift“ einmal ganz wertneutral, dann ist die Abweichung nach oben die erbrachte Mehrleistung, die über das formal geregelte Arbeitspensum hinausgeht. Die Abweichung nach unten wäre der Regelverstoß, der Vertragsbruch, bis hin zum Klauen der goldenen Löffel. Meine These dazu: Egal, ob die Abweichung ins Positive oder ins Negative geht – die Differenz des Handelns zur definierten Vorschrift ist immer eine Frage der „Kultur“, eine Frage dessen, was nicht formal geregelt ist, eine Abweichung von der Norm.

Ungeschriebene Gesetze im Unternehmen

Was ich damit sagen möchte: Organisationskultur ist der informale Ordnungsrahmen der Organisation. Es geht hierbei um implizite Handlungsmaxime, geheime Spielregeln, Abweichungen von der (formalen) Praxis, ungeschriebene Gesetze, tradierte Denk- und Verhaltensgewohnheiten und nicht formal geregelte Erwartungshaltungen an die Organisationsmitglieder. Oder anders formuliert: Wenn das im Unternehmen Gelebte nicht formal geregelt ist bzw. von den formalen Regelungen abweicht, handelt es sich um ein Kulturthema. Und Kultur ist immer ein Thema, denn weil Regeln und Vorschriften für die Arbeits- und Lebenspraxis nie hinreichend sind, muss es immer Abweichungen geben. Der kluge Mitarbeiter erkennt, wann es geboten ist, von der Regel abzuweichen – zum Beispiel nach 19 Uhr noch zu arbeiten, weil eine andere Regel (den monatlichen Sales-Report abgeben) wichtiger erscheint. Weil es kein perfektes Regelsystem geben kann, sind Widersprüche und Abweichungen an der Tagesordnung und sogar sinnvoll für die Organisation – sofern sie zweckdienlich sind und im Rahmen der Erwartungen bleiben (Stichwort „goldene Löffel klauen“).

Doch vor der „Bearbeitung“ von Kultur sollte man diese erst einmal verstehen. Und auch verstehen, dass man Kultur nicht direkt gestalten kann, sondern nur indirekt über Änderungen der Formalstruktur.

Unternehmenskultur beobachten

Woran erkennt man die Kultur einer Organisation? An der Raumgestaltung, an den Statussymbolen, am Umgang miteinander und der Art, wie Fehlverhalten sanktioniert wird. Daran, wer Entscheidungen trifft und wie miteinander diskutiert wird. Alles richtig, und sicherlich habt Ihr noch viele weitere Beispiele, worin sich die Kultur einer Organisation ausdrückt.

Wer Organisationskultur/ Unternehmenskultur beeinflussen möchte, sollte zunächst einmal verstehen, wie die Kultur gegenwärtig aussieht, wo sie zum Ausdruck kommt. Dabei hilft beispielsweise das Drei-Ebenen-Modell von Edgar Schein. Er unterscheidet zwischen Artefakten, Werten und Grundannahmen – und genau diese Grundannahmen bilden den Kern der Organisationskultur. Aber auch in der Metaplan-Denke gibt es ein Drei-Seiten-Modell, dessen Stärke darin liegt, dass man Kulturanalyse und „Kulturgestaltung“ zusammen denken kann.

Unternehmenskultur, Formalstruktur und Schauseite

Die drei Seiten von Organisationen

Die Schauseite ist Ausdruck der Kultur. In Leitbildern, Unternehmensbroschüren, Selbstdarstellungen oder auf Webseiten lässt sich vortrefflich beschreiben, was für eine tolle Kultur im Unternehmen herrscht. Diese Seite kann man zwar gestalten, aber schöne Wörter, ein Hochglanzbild oder ein neues Webseiten-Design ändern noch lange nichts an der Kultur in der Organisation.

Im pragmatischen, handlungsorientierten Verständnis von Metaplan ist die Kultur auf der informalen Seite anzusiedeln. Diese Seite zu analysieren bedeutet, hinter das Sichtbare zu schauen, z.B. durch Beobachtungen oder Interviews mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Aber diese Seite lässt sich nicht direkt beeinflussen. Ich greife auf das „gemeinsames Mittagessen“-Beispiel von oben zurück: Der Wert „Gemeinschaft“ hat eine Schauseiten-Funktion – nach außen wie nach innen. Man kann ihn ins Leitbild schreiben, aber man kann diesen Wert nicht entscheiden. Ein Geschäftsführer, der sich vor die Belegschaft stellt und verkündet, dass ab heute bitte alle gemeinschaftlich zu sein haben, wird Schmunzeln oder Kopfschütteln ernten. Genauso kann man nicht einfach nur „Kundenfreundlichkeit“ postulieren und darauf hoffen, dass alle Mitarbeiter schon wissen, was sie dafür zu tun haben.

Unternehmenskultur beeinflussen

Und genau das bringt mich zur formalen Seite der Organisation. Wie die Schauseite ist auch diese Seite mit ihren Organigrammen, Strukturen, Regeln und Arbeitsabläufen Ausdruck der Kultur. Aber sie ist zugleich auch der einzige Hebel, um Kultur zu beeinflussen. Nur mit wöchentlichem Umsonst-Sushi, einer Lounge-Ecke in der Cafeteria oder einer Tischtennisplatte wird man die Organisationskultur nicht verändern können. Die Formalstruktur bietet kleine, wirksame Hebel, um „Kulturwandel“ zu operationalisieren. Soll heißen: Wer möchte, dass die Kollegen den nach außen proklamierten Wert „Gemeinschaft“ nun auch tatsächlich leben, der muss an den formalen Strukturen etwas ändern, zum Beispiel ein Belohnungssystem etablieren, das Unterstützung und Kollaboration begünstigt. Wer möchte, dass die Mitarbeiter „kundenzentriert“ handeln, sollte andere Kennzahlen und Kontrollgrößen (KPI) einführen und beispielsweise für Callcenter-Mitarbeiter eine Regel definieren, dass ein zufriedener Kunde wichtiger ist, als eine möglichst geringe Anrufdauer.

Die Probleme der Beeinflussung

Diese indirekte Beeinflussung der Unternehmenskultur über Änderungen der Formalstruktur birgt allerdings zwei Risiken: Erstens, es gibt keine Garantie, dass eine Änderung der formalen Strukturen auch die gewünschte Kulturveränderung mit sich bringt. Da es keine Wenn-Dann-Logik gibt, kann sich die Kultur auch anders entwickeln, als das intendiert war. Zweitens, selbst wenn sich die Kultur in die gewünschte Richtung entwickelt, können sich neue informale Praktiken als Gegenbewegung etablieren und damit die beabsichtigte Kulturveränderung unterlaufen. Entsprechend ist es für jedes „Kulturvorhaben“ wichtig, vorzudenken (im Sinne von „Denken als Probehandeln“), was man sich mit einer Strukturveränderung einhandelt und welche Probleme es geben kann. (Dafür sei an dieser Stelle nochmal auf unser Workshop-Tool „Pre-Mortem“ hingewiesen, mit dessen Hilfe man Scheitern vorwegnehmen kann).

Es würde zu weit führen, hier die Wechselwirkungen zwischen diesen drei lose gekoppelten Seiten der Organisation aufzudröseln oder Themen wie „Führungskultur“ anzureißen. Aber für mich war es eine einleuchtende Erkenntnis, dass sich Organisationskultur zwar nicht direkt, wohl aber über den Umweg der Formalstruktur beeinflussen lässt.

Was bedeutet das alles für die Beratung bzw. die Moderation von Workshops?

Zweierlei, wie ich finde. Zum einen sollte man in jedem Projekt Kultur explorieren, um seine Rolle als Moderator zu stärken. Ein kleiner Tipp zur Schnellexploration: Fragt mal, welche Witze im Unternehmen über das Unternehmen, einzelne Abteilungen oder bestimmte Leute erzählt werden. Das lässt in kulturelle (Un-)Tiefen blicken. Aber es geht auch ausführlicher: Durch Vorgespräche und in Workshops bekomme ich schnell einen Eindruck von den „kulturellen Artefakten“ und Werten der jeweiligen Organisation: Sprache, Location, Kleidung, Diskussionskultur, Rangfolge beim Diskutieren oder Bewerten, Mitmach-Bereitschaft – das alles sind Indizien, um die eigene Rolle daran zu spiegeln: Wird jetzt von mir eher der seriöse Beratertyp erwartet? Oder der etwas verrückte Externe, der mit Narrenkappe auch mal unliebsame Wahrheiten ansprechen darf? Lassen sich die Teilnehmer auch mal auf abgedrehte Workshop-Tools oder Spielchen ein? Oder brauchen sie die Sicherheit eines bewährten Vorgehens?

Zweitens, und das finde ich besonders interessant, sind Workshop-Situationen, in denen ich mich bewege, häufig bereits ein Arbeiten an der Kultur. Auch dann, wenn es dafür kein „offizielles“ Mandat gibt. Ich vertrete die These, dass es bereits eine niedrigschwellige Form der Arbeit an Kultur ist, wenn es gelingt zehn unterschiedliche Leute in einen Workshop zu bekommen. Zehn Leute, die in dieser Konstellation kaum miteinander arbeiten, die sich nicht regelmäßig austauschen, sich vielleicht auf ganz verschiedenen Hierarchiestufen bewegen. Soll heißen: allein, dass es einen Workshop gibt, ist bereits ein Ergebnis. Zudem ist so ein Workshop ein formaler Rahmen, und es werden in diesem Rahmen idealerweise die Grundlagen für spätere formale Entscheidungen getroffen (z.B. Strategie-/ Innovationsentscheidungen oder Maßnahmen zur besseren Zusammenarbeit in Teams), die entsprechenden Einfluss auf die Organisationskultur haben können.

Aber gerade Workshops können mit Blick auf Organisationskultur auch kritisch sein. Spannend ist die Frage, wie man Interaktionen wirksam anlegt, um die informalen Praktiken herauszuarbeiten, denn gerade in Workshops mit unterschiedlichen Beteiligten kann und will nicht jeder seine/ ihre Abweichungen von der Formalstruktur offenlegen. Vieles bleibt daher auf (Schein-) Konsensniveau, und die wirklich gravierenden Themen kommen – wenn überhaupt – nur nebenbei zur Sprache. Damit wird ein Workshop, der eigentlich der Aussprache und Verständigung dient, mitunter zum Zensurmechanismus. Für mich als Moderator und Berater ist es damit eine große Herausforderung, bei aller inhaltlichen Fokussierung die Interessen und das Schauseitenmanagement der Akteure im Blick zu behalten und durch klug angelegte Vorgespräche bereits im Vorfeld zu identifizieren: Worauf muss ich im Workshop besonders achten? Welche Themen sind „heiße Eisen“, was ist „vermintes Gebiet“? Welche Fragen bringen wen in Verlegenheit?

Deswegen halte ich es für sinnvoll, bei jedem größeren Vorhaben immer auch die Kultur mitzudenken, und genau diese Frage zum Ende eines Workshops zu explizieren. Zum Beispiel: „Sind diese Maßnahmen, die Sie identifiziert haben, kompatibel mit Ihrer Kultur?” Oder: „Was erzählen wir den anderen Kollegen über diesen Workshop – und was behalten wir lieber für uns?” Indem man das Kulturthema offen anspricht, sensibilisiert man dafür und vielleicht reduziert sich dadurch die Gefahr, dass das Besprochene (z.B. Strategie, Innovation) von der bestehenden Kultur gefressen wird.

Soweit der kurze Abriss dieser spannenden drei Tage in Quickborn und meiner ersten Ableitungen für die eigene Moderationspraxis. Was mich jetzt brennend interessiert: Wie nehmt Ihr das Thema Organisationskultur wahr? An welchen Aspekten macht Ihr das fest? Welche Einflussmöglichkeiten seht Ihr?

Und bevor ich es vergesse, zum Abschluss noch die versprochene Aktion für alle Organisations-Interessierten, die ich für Euch herausgehandelt habe:

Wer bis zum 31. August mit dem Hinweis auf „Komfortzonen“ eine Mail an Christoph Nahrholdt (Leiter Metaplan Academy) schickt und sich für die beiden Module „Organisationen gestalten“ (16.-19. September) und „Organisationskulturen beeinflussen“ (19.-21. November) anmeldet, der bekommt 15% Rabatt auf die normale Teilnahmegebühr.

Diese beiden Module sind die zentralen Eckpfeiler des Metaplan-Ansatzes ‚Führen und Beraten im Diskurs‘. Das Modul „Organisationen gestalten“ konzentriert sich auf das Verständnis und die Gestaltung der formalen Organisationsstrukturen unter Berücksichtigung der mikropolitischen Verhältnisse (Stakeholder-Interessen, Macht- und Vertrauensverhältnisse). Das Modul „Organisationskulturen beeinflussen“ konzentriert sich auf das Verständnis und die Beeinflussung der informalen Strukturen/ Organisationskulturen unter Berücksichtigung von relevantem Interventions- und Kommunikationsvorgehen. Beide Module zusammen genommen liefern eine systematisierte Herangehensweise, um mit der Komplexität von Organisationsfragestellungen gekonnt umzugehen.

Wer mehr über das gesamte Qualifizierungsprogramm erfahren möchte, findet hier die gebündelten Informationen. Dort könnt Ihr Euch auch die Broschüre für den nächsten Zyklus herunterladen.

Dirk Bathen

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